Wie Großmutter Obama dem Wahlsieg ihres Enkels entgegenfiebert

Die bekannteste Oma der Welt

Minister waren in die Residenz des US-Botschafters in Nairobi gekommen, Botschafter aller Nationalitäten und Kenias Premier Raila Odinga. Doch ihnen allen stahl bei den Feierlichkeiten zum amerikanischen Unabhängigkeitstag am 4. Juli eine einfache Bauernfrau vom Land die Show, gehüllt in ein simples Kleid mit Blumenmuster: Sarah Obama, 86, Oma des demokratischen US-Präsidentschaftskandidat Barack, war bald vom vielen Händeschütteln so erschöpft, dass sie sich auf einen Stuhl fallen lassen musste. An ihre Rolle als Berühmtheit hat die stets lächelnde Frau sich bis heute nicht gewöhnt.

Autor/in:
Marc Engelhardt
 (DR)

Dabei sprechen in ihrem Heimatort Kogelo im Westen Kenias die Bewohner seit Monaten von nichts anderem mehr als von den anstehenden Wahlen in den USA. In dem kleinen Dorf, wo grasbedeckte Hütten den staubigen Feldweg säumen und am Markt zwischen Bretterbuden Ziegen meckern, fühlt man sich bereits als Sieger. Barack Obama hat Wurzeln hier: Sein Vater liegt in Kogelo begraben, auf dem Land von Oma Sarah, die mit 16 Jahren die dritte Frau von Obamas Großvater wurde. Und während die Großmutter still und zurückhaltend ist, versucht ansonsten jeder, ein Stück vom Ruhm für sich zu beanspruchen.

"Er kam hierher und sprach fehlerfrei in Englisch und Luo mit uns", schwärmt etwa der Direktor der Dorfschule, Manas Njuyo, von Obamas Besuch in Kogelo vor zwei Jahren. "Obama ist ein echter Held, jemand, den die ganze Welt kennt." Njuyos Schule wurde kurz vor Obamas letztem Besuch in Kogelo in Senator-Obama-Schule umgetauft, Obama selbst enthüllte eine Messingplakette. "Seitdem haben wir wahnsinnigen Zulauf, statt früher 40 sitzen heute mehr als 60 Kinder in einer Klasse." Und nicht nur die Schule ist nach dem berühmtesten Enkel des Dorfes benannt.

Auch auf den meisten Marktständen prangt sein Name, das in der Hauptstadt Nairobi gebraute "Senator"-Bier ist zum Lieblingsgetränk der Dorfbevölkerung avanciert. "Bitte ein Obama", so bestellt man die warmen Flaschen in den Kneipen korrekt. "Wir brauchen Obama, um Hoffnung unter den Jugendlichen zu verbreiten - hier gibt es doch nichts als Armut", sagt der grauhaarige Dismass Benadus, der sich noch daran erinnern können will, wie "Barrie" seiner Großmutter einst dabei half, Gemüse zum Markt zu bringen. Manche haben schon Wunschlisten aufgestellt, vor allem neue Häuser wollen sie vom künftigen Präsidenten.

Die Obamamania wird langsam zur Last
Für die Familie hingegen wird die Obamamania langsam zur Last. In Kogelo machen sich seit Monaten die Übertragungswagen der US-Fernsehgesellschaften breit. Im Vorwahlkampf umringten so viele Journalisten den Hof von Obamas Großmutter, dass Obamas Onkel Said die Korrespondenten erstmals öffentlich ermahnte: "Wir werden von den Reportern förmlich überrannt, wir bitten Sie deshalb darum, uns ihren Besuch zumindest anzukündigen." Da hatten zehn Korrespondenten sich beinahe darum geprügelt, wer Oma Sarah zuerst interviewen durfte - freilich ohne die alte Frau vorher zu fragen.

Dass die 86-jährige trotz des Rummels weiter ein weitgehend normales Leben führt, vor dem Haus Wasser pumpt oder im Feld direkt hinter der Terrasse Mais erntet, erscheint da fast wie ein Wunder. Für die Verhältnisse von Kogelo hat Oma Obama ein luxuriöses Anwesen: Das kleine Haus aus Stein ist frisch gestrichen, auch das eigene Bohrloch ist nichts selbstverständliches. Auf dem Dach sind seit kurzem einige Solarzellen befestigt. Im Wohnzimmer hängen Obama-Poster, eines ist handsigniert.

"Als mich Barack zum ersten Mal hier besucht hat, da konnte ich mir nicht vorstellen, dass er einmal ein so bedeutender Mann wird", gesteht Sarah Obama ein, während sie die rauen Schalen von den Maiskolben schneidet. Da war er Mitte 20 und sah das Heimatland seines Vaters zum ersten Mal. Einen Wunsch hegt sie: Wenn Barack es schafft, dann will sie bei der Amtseinführung im Weißen Haus dabei sein, so wie damals bei der Ernennung zum Senator in Chicago. "Wenn er mir ein Ticket schickt, dann werde ich hinfliegen. Ich kann doch nicht verpassen, wenn mein Enkel Präsident der Vereinigten Staaten wird."