Wie ein Mohammed-Bildnis eine US-Professorin den Job kostete

Freiheit der Lehre oder Islam-Feindlichkeit?

Darf man an der Universität Mohammed-Darstellungen trotz des islamischen Bilderverbots zeigen? Eine US-Kunstprofessorin entschied sich dafür, und verlor ihren Job. Eine Debatte über die akademische Freiheit ist seitdem in vollem Gang.

Autor/in:
Thomas Spang
Leere Stühle in einem Hörsaal / © Cagkan Sayin (shutterstock)
Leere Stühle in einem Hörsaal / © Cagkan Sayin ( shutterstock )

Erika Lopez Prater sah sich auf der sicheren Seite, als die Kunstlehrerin am ihren Studenten Mohammed-Darstellungen aus dem 14. und 16. Jahrhundert präsentierte – glaubte sie. Was dann passierte, beendete nicht nur ihre Tätigkeit an der privaten "Hamline University" in St. Paul im US-Bundesstaat Minneapolis.

Debatte über akademische Freiheit und religiöse Gefühle

Der zunächst nur regional beachtete Vorfall vom 6. Oktober sorgt für landesweite Schlagzeilen, spätestens seit die "New York Times" ausführlich darüber berichtet hatte. Er hat auch eine breite Debatte darüber ausgelöst, was akademische Freiheit darf und ab wann religiöse Gefühle verletzt werden. Denn vielen Muslimen gelten Darstellungen des Propheten Mohammed als Gotteslästerung.

Den Stein ins Rollen brachte die Studentin Aram Wedatalla. Die 23-jährige schwarze Muslimin mit sudanesischen Wurzeln empörte sich unter Tränen über die Kunsthistorikerin, obwohl diese vor dem Zeigen der Mohammed-Darstellungen ihre Studierenden ausdrücklich auf ihr Vorhaben aufmerksam gemacht hatte. Sie sei schockiert über die Professorin, sie habe sich über ihre Religion "lustig gemacht", so Aram Wedatalla.

Fayneese S. Miller, Präsidentin der kleinen Hochschule mit rund 1.800 Studenten, reagierte prompt. Sie bezeichnete das Vorgehen von Lopez Prater als "rücksichtslos, respektlos und islamfeindlich" und kündigte ihren Vertrag. Der Respekt für muslimische Studenten habe Vorrang vor der akademischen Freiheit, entschied die Vorgesetzte. Sie habe sich gefühlt, als hätte ihr jemand "einen Eimer Eiswasser über den Kopf gekippt", so Lopez Prater.

Solidaritätsbekundungen für beide Seiten

Seitdem brodelt es an der Universität. Beide Seiten, Hochschullehrerin und Studentin, erhielten bislang Tausende Solidaritätsadressen, und führende US-Muslime ergriffen Partei – nicht nur für die empörte Muslimin. Diese zeigen, dass die "Causa Lopez Prater" alles andere als eindeutig ist.

Der Rat für amerikanisch-islamische Beziehung (CAIR) stärkt der Beschwerdeführerin ausdrücklich den Rücken und lobt die Entscheidung der Universität, sich von der Kunsthistorikerin zu trennen - was nicht verwundert, leitet Aram Wedatalla doch die lokale "Muslim Students Association", die der islamistischen Muslimbruderschaft nahesteht.

Dagegen bezeichnet die Autorenvereinigung "PEN America" den Vorgang als eine der "ungeheuerlichsten Verletzungen der akademischen Freiheit in jüngster Zeit". Dieser Sichtweise schließt sich auch Christiane Gruber an. Das von Lopez Prater gezeigte Bild hänge in der Universität von Edinburgh, und ähnliche Darstellungen seien in vielen Museen weltweit zu sehen, wundert sich die Professorin für islamische Kunst an der "University of Michigan" über die Aufregung.

Verwunderung bei Islam-Experten

Unter Islam-Experten löst der Fall eher Verwunderung aus. Mohammed-Bilder dienten in verschiedenen islamischen Kulturen der Verehrung und nicht der Verunglimpfung, so der Tenor unter Gelehrten. Der Professor für Religion an der "Hamline University", Mark Berkson, ergriff Partei für die abgestrafte Kollegin. Man tue seitens der Universitätsleitung so, als ob Lopez Prater Moschee-Vandalismus begangen habe.

Niemand habe ein Monopol auf die Wahrheit, so Omid Safi, Professor für Nahost-Studien an der "Duke-University" in North Carolina. Er selbst zeige regelmäßig Mohammed-Bilder in seinen Vorlesungen. Die Darstellungen seien von frommen Künstlern geschaffen, und fromme Herrscher hätten sie in Auftrag gegeben. Wie könne es sein, so Safi, dass etwas, "das aus der Mitte der Tradition stammt, nun verboten sein soll?" Als er mit 14 Jahren während des iranisch-irakischen Krieges aus Teheran floh, packte er ein Mohammed-Bild zu den wenigen Sachen in seinen Koffer.

Die Kontroverse hätte vermieden werden können, ist Todd H. Green überzeugt. Der Autor und Experte für Islam-Feindlichkeit wirft der Universitätsleitung Versagen vor. Anstatt einen Dialog zu eröffnen und zu moderieren, habe sie diesen kurzerhand unterbunden. Mit dem Rauswurf der Kunstlehrerin habe sie "natürliche Verbündete im Kampf gegen Islamophobie" vor den Kopf geschlagen. Das sei "tragisch", so Green. Nun stünden sie sich in gegnerischen Lagern gegenüber.

Hintergrund: Mohammed

Mohammed ist der Stifter des Islam. Für Muslime ist er der letzte aller Propheten, dem Gott mit dem Koran seine ewige und unverfälschte Botschaft an die Menschheit offenbart hat. Geboren um 570 in Mekka und früh verwaist, wuchs Mohammed bei Verwandten auf. Bei seinen Reisen als Kaufmann kam er mit jüdischen und christlichen Lehren in Berührung. Im Jahr 610, im Alter von etwa 40 Jahren, begannen Mohammeds Verkündigungen, die er als Offenbarungen Gottes durch den Erzengel Gabriel auffasste.

Mohammed mit Erzengel Gabriel bei der Offenbarung / © Gemeinfrei
Mohammed mit Erzengel Gabriel bei der Offenbarung / © Gemeinfrei
Quelle:
KNA