Wie die Nationalfarben auf die Fahnen kamen

Flagge zeigen - Farbe bekennen

Vor 100 Jahren wurden Schwarz, Rot und Gold zu Deutschlands Nationalfarben, die französische Trikolore feiert in diesem Jahr gar 225. Geburtstag. Zeit für ein wenig Vexillologie, wie die Fahnenkunde offiziell heißt.

Autor/in:
Joachim Heinz
Deutschlandfahne / © Jörg Loeffke (KNA)
Deutschlandfahne / © Jörg Loeffke ( KNA )

Der Legende nach soll der Maler Jacques-Louis David der französischen Trikolore den letzten Schliff verpasst haben. Sicher verbürgt ist, dass der Nationalkonvent am 15. Februar 1794, vor 225 Jahren also, die Farbreihenfolge Blau-Weiß-Rot in vertikalen Streifen festlegte - wobei die Flagge mit dem blauen Band am Fahnemast zu befestigen sei, "während das Rote im Wind flattert". Das "Corporate Design" der Französischen Revolution war sehr schnell selbst ein Fall für die Kunst: Berühmtheit erlangte etwa das Bild von Davids Kollegen Eugene Delacroix "Die Freiheit führt das Volk".

Das Gemälde, in dem eine barbusige Frauengestalt mit der Trikolore in der Hand die Bürger von Paris hinter sich sammelt, entstand 1830 unter dem Eindruck der Julirevolution. Damals gingen die Republikaner unter dem Banner der Revolution auf die Straßen. Sie wollten der zwischenzeitlich wieder regierenden Dynastie der Bourbonen den Garaus machen. Unter deren Herrschaft zwischen 1814 und 1830 flatterte ein anderes Fähnchen im Wind, in royalem Weiß gehalten. Erst unter "Bürgerkönig" Louis Philippe hieß es: "Die Nation nimmt ihre Farben wieder an."

Wiederbelebte "deutschen Farben"

Wer wie und mit welchen Farben Flagge zeigt, bewegt die Gemüter. Das galt auch für die Weimarer Republik. Die deutsche Fahne feiert in diesem Jahr ebenfalls ein rundes Jubiläum. Vor 100 Jahren, am 3. Juli 1919, stimmte die Nationalversammlung für Schwarz, Rot und Gold – freilich mit Zugeständnissen an Monarchisten und andere konservative Kreise, die das "Schwarz-Weiß-Rot" des soeben untergegangenen Kaiserreichs bevorzugten. Die Ursprünge der nach dem Zweiten Weltkrieg wiederbelebten "deutschen Farben" – in der DDR seit 1959 mit Ährenkranz, Hammer und Zirkel versehen - reichen allerdings tief ins 19. Jahrhundert zurück.

In den Befreiungskriegen 1813/14 zog das Lützow'sche Freikorps, ein Freiwilligenverband der preußischen Armee, in besonderer Kluft gegen die Truppen Napoleons zu Felde, wie Historiker Hermann Schäfer schreibt: "schwarze Waffenröcke, rote Aufschläge und Paspelierungen, dazu goldene Knöpfe". Im Schlachtgetümmel den Wiedererkennungswert zu sichern: Danach strebten schon die alten Römer. Die metallischen Feldzeichen der Legionen gelten als eine der Urahnen von Bannern und Co, das daran befestigte Tuch – "vexillum" – findet sich sprachlich in jener Disziplin wieder, die sich die Geschichte der Flaggen auf die Fahnen geschrieben hat: der Vexillologie.

 "Pulver ist schwarz, Blut ist rot, golden flackert die Flamme"

Den ersten großen Auftritt hatte Schwarz-Rot-Gold mit dem Hambacher Fest. Am 27. Mai 1832 versammelten sich mehr als 30.000 Patrioten und Demokraten in der Pfalz, um gegen Zensur und Fürstenwillkür zu protestieren. Dabei wurde die schwarz-rot-goldene Fahne mit der Aufschrift "Deutschlands Wiedergeburt" auf dem Turm der Hambacher Schlossruine gehisst. Die Teilnehmer trugen gleichfarbige Armbinden und Kokarden. "Was tändelt der Badner mit Gelb und Roth, / Mit Weiß, Blau, Roth Bayer und Hesse? / Die vielen Farben sind Deutschlands Noth, / Vereinigte Kraft nur zeigt Größe", dichtete Philipp Jakob Siebenpfeiffer. Im Zuge der Revolution von 1848 legte Ferdinand Freiligrath nach: "Pulver ist schwarz, Blut ist rot, golden flackert die Flamme". Ein beinahe schon religiöses Bekenntnis.

Dazu passt, dass eine der ältesten heute noch genutzten Flaggen der Welt, die dänische Fahne, ein weißes Kreuz auf rotem Grund zeigt. Angeblich fiel der Dannebrog am 15. Juni 1219 bei der Schlacht von Lyndanisse vom Himmel – vor 800 Jahren, ein weiteres Jubiläum also. Unter den knapp 200 Nationalfahnen tragen rund 30 christliche und rund 20 muslimische Symbole.

In diese Kategorie fällt natürlich die gelb-weiße Vatikan-Flagge mit Päpstlicher Tiara und den gekreuzten Schlüsseln Petri. Oder die grüne Fahne Saudi-Arabiens, die das islamische Glaubensbekenntnis in weißer Farbe über einem glatten Schwert führt, das für Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit stehen soll. Üblicherweise sind Nationalfahnen rechteckig. Eine Ausnahme macht lediglich der Himalaya-Staat Nepal: Seine Flagge besteht aus zwei miteinander verbundenen Wimpeln.


Quelle:
KNA