domradio.de: Ihr Name verrät schon ihre Herkunft oder die Herkunft ihrer Eltern - woher stammen Sie?
Sakal: Meine Eltern stammen aus der Türkei, folglich ich auch. Ich soll als kleines Baby nach Deutschland gekommen sein, kann mich aber selbstverständlich nicht mehr dran erinnern, und bin in der schönen Stadt Duisburg großgeworden. Mein Vater war Stahlarbeiter. So fängt eigentlich meine Migrationsgeschichte an. Dann bin ich in Duisburg zur Schule gegangen, hab dann später in Paderborn studiert, lebe heute in Köln und arbeite in Düsseldorf.
domradio.de: Inwiefern hat denn Ihr Hintergrund, dass Sie der Sohn von Einwanderern in Deutschland sind, Ihr Leben, Ihre Karriere beeinflusst?
Sakal: Ich hab natürlich zu Beginn, in der Schullaufbahn mit einigen Klischees kämpfen müssen, dass die Ausländerkinder eben in bestimmte Schulformen gesteckt wurden damals, vielleicht nicht böswillig, aber das war so das Selbstverständnis. In den 70er Jahren waren eben die Gastarbeiterkinder für die Hauptschule bestimmt. Mit der Zeit hat sich das etwas gewandelt, das muss man auch so sehen. Natürlich hat man ein paar Probleme gehabt, aber in der weiterführenden, beruflichen Laufbahn hat mir mein so genannter Migrationshintergrund eigentlich Vorteile gebracht, weil ich auch international tätig war in Unternehmen. Und so hat man eigentlich auch für seine Biographie davon profitieren können, dass man einen Migrationshintergrund hat, dass man in zwei Kulturen aufgewachsen ist, dass man eben dadurch bedingt auch gewisse Potenziale hat, die vielleicht andere nicht haben. Und man konnte diese Potenziale einsetzen, Schlagwort "interkulturelle Kompetenz". Man gehört zu zwei Kulturen und schöpft auch aus zwei Quellen und bringt das dann auch in seinen beruflichen Kontext ein.
domradio.de: Wie sehen Sie das? Wieso wird, insbesondere in Wahlkämpfen, immer wieder mit Ängsten gegen Migranten gespielt?
Sakal: Das sind die Randparteien, extreme Parteien, die natürlich versuchen, sich Wählerstimmen zu mobilisieren. Demokraten fallen auf sowas natürlich nicht rein. Aber die anderen, die sich vielleicht von solchen Slogans beeinflussen lassen, sollen als Wähler gewonnen werden. Das hat aber mit den Lebensrealitäten, die wir in unserer Gesellschaft haben, wenig zu tun. Wir wissen, dass zu Zeiten von wirtschaftlichen Nöten gerade solche Parteien an Zulauf gewinnen, dass dann eben sozial benachteiligte Menschen dann auch als Instrument missbraucht werden. Davon halte ich gar nichts, das hat nichts mit unserer Lebensrealität in Deutschland zu tun. Das ist völlig daneben.
domradio.de: Es sind ja nicht immer nur die Randparteien. Oftmals kommen solche Stimmen auch aus der Mitte der Gesellschaft, nicht zuletzt eben das Zitat, das ich am Anfang gebracht habe aus einer bekannten Boulevard-Zeitung, schürt mehr den Hass als das Verständnis untereinander. Warum, glauben Sie, bereichern Migranten denn unser Land?
Sakal: Schauen Sie mal: Wenn wir uns mal einfach die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland anschauen nach dem Zweiten Weltkrieg, ein zerstörtes Land, das nicht in der Lage ist, alleine Arbeitskräfte zu gewinnen, auf die Beine zu kommen. Es wurden viele Menschen geholt, die sind auch gerne gekommen, die haben das Land mit aufgebaut. Dann ist es ja selbstverständlich, dass sie ein Teil dieses Landes geworden sind. Zum anderen, ob Gastronomie oder Handel, wir als großes Exportland profitieren von der Internationalität. Wir sind ja jahrelang immer wieder Exportweltmeister gewesen. Gerade die Gefahr, die aus der Mitte kommt, die Sie gerade angesprochen haben, ist ja nicht zu unterschätzen. Dass auch etablierte Parteien sich manchmal diesem bedienen. Wir haben da auch aktuell Beispiele, wo eben auf Wahlplakaten mit sowas geworben wird. Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar, auch nicht tolerierbar. Ich kann nur sagen, gerade an die demokratischen Parteien - ob sie groß oder klein sind, spielt überhaupt keine Rolle - sie sollen bitte gerade dieses Thema nicht instrumentalisieren und missbrauchen, sondern sie sollen was für den gesellschaftlichen Frieden tun. Wir sind ein Land, das von der Internationalität wahrscheinlich am meisten profitiert.
Das Gespräch führte Christian Schlegel.
Das Interview in ganzer Länge ist als Audio diesem Artikel angehängt.