Caritas-Jahreskampagne "Sozial braucht digital"

Wie der Kölner Dom ins Seniorenheim kommt

Zu alt für Neues ist man nie: Im Erzbistum Köln testet die Caritas jetzt den Einsatz von "Virtual Reality"-Brillen: Damit können auch Menschen, die nicht mehr mobil sind, Ausflüge machen oder Orte der Kindheit besuchen.

Unter Wasser unterwegs: Helmut Heinz  / © Hans-Jürgen Bauer (Diözesan-Caritasverband Erzbistum Köln)

Wie eine schwarze Taucherbrille ohne Sichtfenster sitzt sie auf der Nase von Helmut Heinz, gut festgeschnallt an seinem Hinterkopf: Eine "Virtual Reality"-Brille: Sie lässt vor seinen Augen eine neue, virtuelle Welt entstehen. Neugierig neigt der Rentner seinen Kopf mit der wuchtigen Brille in alle Richtungen: "Man taucht in eine fremde Welt ein", schwärmt der 76-Jährige, "um mich herum schwimmen überall Fische und Korallen, das ist wirklich sagenhaft!"

Helmut Heinz ist Bewohner des katholischen Luisenheimes in Düsseldorf, das sich derzeit an einem Digital-Projekt der Caritas beteiligt. Sie testet VR-Brillen in Seniorenheimen. Damit könnten auch Menschen, die nicht mehr so mobil sind, digitale Ausflüge machen oder Orte der Kindheit besuchen, erklärt Henry Kieschnik, Referent für stationäre Altenhilfe beim Diözesancaritasverband im Erzbistum Köln: "Wir sehen das als gute Ergänzung zum alltäglichen Beschäftigungsangebot in unseren Einrichtungen. Aber es sind zukünftig noch ganz andere Dinge denkbar, beispielsweise im therapeutischen Bereich, wenn es um Gedächtnistraining oder die Förderung von Bewegung bei alten Menschen geht."

Spaziergang durch Dresdener Frauenkirche

Kieschniks Abteilung entwickelt gerade ein Gesamtkonzept für den Einsatz der Brillen in der Altenhilfe. "Wir haben zum Beispiel festgestellt, dass lange Kabel hinderlich sind", erklärt er. Auch suche man gerade nach geeigneten Anwendungen: "Achterbahnfahrten oder Ballerspiele sind logischerweise nicht so geeignet", so der Referent, "sondern eher etwas Ruhigeres. Ein Rundgang durch den Kölner Dom zum Beispiel kam bei unseren letzten Tests gut an."

Für die 100-jährige Amanda Pasternak war es der größte Wunsch, noch einmal Dresdner Frauenkirche zu besuchen. Noch mit 90 war sie bis in die Kuppel hinaufgestiegen. Jetzt sitzt die betagte Dame im Rollstuhl und kann sich die Kirche bequem vom Aufenthaltsraum des Luisenheimes anschauen: "Ein wunderbares Erlebnis", schwärmt sie.  

Interessierte Senioren

Berührungsängste mit der neuen Technik habe es kaum gegeben, so Tobias Wegerhof. Er leitet die Alten- und Pflegeeinrichtung in Trägerschaft von IN VIA Düsseldorf. Die Senioren für das Thema zu interessieren, sei gar nicht so schwierig gewesen: "Es gab eine sehr große Offenheit und Neugierde für das Thema. Unsere Bewohner haben große Freude daran." Er kann sich gut vorstellen, die VR-Brillen in das Betreuungsangebot des Luisenheimes zu integrieren. Ob die dort dauerhaft zum Einsatz kommen, zeigt sich in den kommenden Monaten. Allerdings müsse man das auch sorgfältig begleiten, fügt der Einrichtungsleiter hinzu, denn bei so manchem Senioren löse zum Beispiel eine Zeitreise an die Orte der Kindheit auch Wehmut und Trauer aus. Darum wird das Projekt auch von der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Pflegepersonal wird entsprechend geschult.

"Sozial braucht digital"

Das Projekt ist Teil der Caritas-Jahreskampagne 2019 unter dem Motto "sozial braucht digital". "Unsere sozialen Dienste und Einrichtungen stellen sich dem digitalen Wandel", sagt der Diözesan-Caritasdirektor für das Erzbistum Köln Dr. Frank Johannes Hensel. Viele technische Weiterentwicklungen seien auch im Bereich des sozialen und des Gesundheitswesens enorm hilfreich. Das reiche von digitalen Bildgebungsverfahren über Wlan im Seniorenheim bis hin zum Einsatz von Robotern in der Pflege.

Doch richtige Menschen werde der digitale Fortschritt niemals ersetzen, stellt Hensel auch klar. Man verstehe die VR-Brillen ausdrücklich als Ergänzung und keinesfalls als Betreuungsersatz: "Unser Dienst wird immer ein persönlicher sein, der sich von Mensch zu Mensch vermittelt. Geräte können Herz und Seele nicht ersetzen und wir können Nächstenliebe auch nicht digitalisieren, da haben wir eine ganz klare Grenze. Das Beste ist immer noch der Kontakt von Mensch zu Mensch."


Von dem Projekt überzeugt: Frank Johannes Hensel / © Hans-Jürgen Bauer (Diözesan-Caritasverband Erzbistum Köln)
Quelle:
DR