Wie Blessing und Adebayo Emmanuel es nach Deutschland geschafft haben

Eine Fluchtgeschichte mit Happy End

Blessing und Adebayo Emmanuel sind vor Boko Haram aus Nigeria geflüchtet. Über Libyen haben sie es über das Mittelmeer bis Sizilien geschafft. Von dort ging es nach Deutschland - wie, lesen Sie im zweiten Teil unserer Geschichte über Familie Emmanuel.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
In der Kapelle des St. Josefshaus wird Miracle vom Bensberger Pfarrvikar Dr. Luke Ndubuisi aus Nigeria getauft. / © Tomasetti (DR)
In der Kapelle des St. Josefshaus wird Miracle vom Bensberger Pfarrvikar Dr. Luke Ndubuisi aus Nigeria getauft. / © Tomasetti ( DR )

(Den ersten Teil der Fluchtgeschichte lesen Sie hier.)

Blessing und Adebayo Emmanuel werden in ein Flüchtlingscamp gebracht, mit Kleidung und Nahrung versorgt und ein wenig Taschengeld, das sie für Zugtickets nach München aufsparen. Dort angekommen, werden sie zum ersten Mal offiziell als Flüchtlinge registriert und von der Polizei in einem Lager untergebracht. "Am Bahnhof waren viele ehrenamtliche Helfer, die uns Essen gebracht haben und sich um uns gekümmert haben. Die Deutschen waren gut zu uns", berichtet Blessing. Weil sie und Adebayo keine gültigen Papiere bei sich haben, werden ihre Fingerabdrücke genommen. Nach vier Tagen Aufenthalt gibt man ihnen Fahrkarten bis nach Dortmund. Blessing hat wegen der Strapazen mittlerweile Schmerzen und wird vorübergehend in einem Krankenhaus untersucht. Aber wieder gibt es Entwarnung: Mit dem Baby ist alles okay. Und sie darf weiterreisen. Es sind nur noch wenige Wochen bis zur Geburt.

Schließlich kommen sie in Bergisch Gladbach an und werden auf eines der Camps verteilt. Drei Erwachsene in einem Zimmer. "Das war nicht einfach", erinnert sich Blessing an die Situation zu dritt auf engstem Raum. "Uns war nur geblieben, was wir am Leib hatten. Kein Geld, keine Ausweise und damit keine Identität. Dort haben wir dann viele andere Flüchtlinge getroffen: aus dem Irak, aus Syrien, aus Afghanistan. Jeder hatte seine Fluchtgeschichte. Am Anfang haben wir uns gegenseitig davon erzählt. Manche waren allein unterwegs, wollten ihre Familien nachholen und waren verzweifelt und traumatisiert; andere sind zu dritt, viert oder fünft mit kleinen Kindern monatelang unterwegs gewesen. Alles, was sie erzählten, hörte sich irgendwie gleich an, weil in ihrer Heimat überall Krieg herrscht und so vieles zerstört wurde. Und alle waren sehr müde, weil sie so viele traurige Dinge erlebt hatten."

Ehrenamtliche haben sich um, die Emmanuels gekümmert

"In unserem Land steckt die Korruption überall", erklärt Adebayo. "Tausende Nigerianer sind in den letzten Jahren durch die Boko Haram zu Tode gekommen. Das Leben in meiner Heimat ist ein Leben auf dem Pulverfass. An jeder Ecke lauert die Gefahr. Wenn die Menschen nicht auf offener Straße hingerichtet und ermordet werden, dann sterben sie an medizinischer Unterversorgung, wenn sie eine Blinddarmentzündung haben, oder aber auch bei einer komplizierten Geburt. Nur wer Geld hat, kann in Nigeria einen Arzt bezahlen. Die Armen sterben daher zuerst."

Blessing und Adebayo haben Glück gehabt. Sie haben die Hölle überlebt. Und sie sind zunächst in dem Refrather Altenheim St. Josefshaus von den dort lebenden Pallottinerinnen beim Einleben in der Fremde mit sehr viel Herzlichkeit und Fürsorge unterstützt worden. Mit der Möglichkeit, Ein-Euro-Jobs in der Senioren-Einrichtung zu übernehmen, waren sie außerdem nicht sich selbst überlassen und zum Nichtstun verurteilt, sondern konnten sich nützlich machen und Kontakte im Haus, vor allem mit den Bewohnern, knüpfen. Auch die vielen in den Kirchengemeinden ehrenamtlich tätigen Helfer der "Aktion Neue Nachbarn" im Erzbistum Köln, die die insgesamt 1600 in Bergisch Gladbach angekommenen Flüchtlinge von Anfang an intensiv betreuten, haben sich lange mit großem Engagement, der Organisation von Sachspenden oder Sprachkursen sowie Andockmöglichkeiten an kirchliche Angebote um die Neuankömmlinge gekümmert.

"Hier ist jetzt unser Zuhause"

Mittlerweile ist ihr Asylverfahren abgeschlossen. Sie dürfen in Deutschland bleiben. "Nun beginnt für uns ein neues Leben. Hier ist Frieden und jetzt unser Zuhause", sagt Adebayo wie befreit. Er lernt fleißig Deutsch, arbeitet jetzt fest in einem lokalen Unternehmen als Hilfskraft. Davon kann er seine Familie ernähren, und das ist ihm wichtig nach einer langen Zeit der Ungewissheiten, Angst vor Abschiebung und viel staatlicher Unterstützung. Am Sonntag geht er mit der Familie in die Pfarrkirche um die Ecke, wo auch Mirabel im letzten November getauft wurde. "Unser Leben heute kann man nicht mehr mit dem Leben noch vor wenigen Jahren vergleichen", sagt Blessing. Ihre Heimat werden beide voraussichtlich nie mehr wiedersehen, die beiden Kinder ihre afrikanischen Wurzeln nicht kennenlernen. Doch für sie zählt etwas anderes: "Das Allerwichtigste ist, dass wir in Sicherheit sind."


Quelle:
DR