Wenn das Wunderbare vor der Türe bleibt

Von Putzschwämmen und Putin

"Aber dann muss dir ja immer etwas einfallen!" – warnte mich eine Freundin, als ich ihr von der "WunderBar" , der Kolumne am Sonntag, erzählte. Ich lachte sie großspurig aus. Bis... ja, bis mir diese Woche so gar nichts "mit Wunder" einfallen will.

Küchendurcheinander / © Nino_Barbieri
Küchendurcheinander / © Nino_Barbieri

Was soll auch gerade schon wunderbar sein? Die Ukraine annektiert die Krim, vor Lampedusa hören die Menschen nicht auf zu ertrinken, nur weil keiner mehr darüber spricht. Und was mit dem Klimawandel ist, will  auch keiner mehr hören. Da kann der Winter so oft ausfallen wie er will, ist doch schön, wenn die Sonne scheint.

Und hier zu Hause fällt mir gerade auch gar nichts Wunderbares ein. Kein Wunder, ich muss mich ja immerzu aufregen. "Mama, du bist  nicht chillig", sagt der Große. Wenn er nett sein will. Sonst sagt er: "Du nervst. Halt die Klappe".  Soll ich deswegen aufhören zu sagen, dass die Treppe mit nassen Klamotten voll liegt? Die Spülmaschine zwar ausgeräumt ist – aber jetzt die Gläser bei den Tellern und die Messer bei den Löffeln lägen? Und die Körbe in den Küchenschränken sind schon lange ein wildes Durcheinander. Was genau, ist eigentlich so schwer daran, Teedosen zuzumachen,  Butterbrotdosen zu  Butterbrotdosen und nicht zu Putzlappen zu legen und die Vorratsschwämme nicht zu Mülltüten?

Okay, okay, wenn ich das hier so aufschreibe, fällt selbst mir auf, dass ich über Quisquilien rede, wie es die Lateiner nannten. Nichtigkeiten, Nebensächlichkeiten. Das lohnt sich nicht. Das weiß ich natürlich. Aber irgendwie ist mir der Humor abhanden gekommen. Es ist Sonntagvormittag, ich habe Zeit. Ob zur Strafe oder zur Therapie … wegen akuter Humorlosigkeit jedenfalls verordne ich mir: aufräumen.

Und während ich alle Drahtkörbe aus den Küchenschränken erst ausleere und dann neu sortiere, entsteht erst die äußere Ordnung langsam wieder. Und dann die innere: ich bin missmutig, kleinlich, genervt. Kein Wunder, dass die Wunder da vor meinem Herzen halt machen. Am Ende ist noch Zeit. Die reicht für ein besonders schönes Mittagessen. Ofenkartoffeln mit Feldsalat, Fallafelplätzchen und Smoothies. Für jeden etwas.

Beim Mittagessen sehe ich in lauter erstaunte Gesichter. "Ich habe mich so über euch geärgert. Da musste ich was Schönes kochen," erkläre ich. Ich weiß, das klingt wunderlich. Aber egal.

Wir hatten einen entspannten Sonntagmittag. Haben gelacht, gegessen und diskutiert. Über Putzschwämme und Putin und Klimawandel auch. Wie wunderbar.