Wenig Rechtssicherheit für queere Katholiken

"Alles liegt im Ermessen des Dienstgebers"

Wenn die Sexualität den Beruf beeinflusst: Queere, also nicht heterosexuelle Beschäftigte in katholischen Einrichtungen haben nach Einschätzungen des Kirchenrechtlers Georg Bier wenig Rechtssicherheit.

Georg Bier, Theologe und Professor für Kirchenrecht an der Universität Freiburg, am 25. März 2021 in seinem Büro zu Hause in Kenzingen / © Andree Kaiser (KNA)
Georg Bier, Theologe und Professor für Kirchenrecht an der Universität Freiburg, am 25. März 2021 in seinem Büro zu Hause in Kenzingen / © Andree Kaiser ( KNA )

Eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft sei mittlerweile zwar nicht mehr in jedem Fall ein Loyalitätsverstoß gegen das kirchliche Arbeitsrecht, erklärte der Theologe in einem am Montag veröffentlichten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Beschäftigte könnten aber nicht sicher sein, dass es keine Auswirkungen auf ihr Dienstverhältnis habe: "Alles liegt im Ermessen des Dienstgebers."

Insbesondere bei Menschen im pastoralen Dienst oder bei Religionslehrkräften könne ein Verstoß gegen die katholische Glaubens- und Sittenlehre schnell zur Kündigung führen, sagte Bier. Sie brauchen für ihre Arbeit einen besonderen kirchlichen Auftrag wie die "missio canonica". Für Priester gelte vor allem das Zölibatsgebot: "Einen Priester aus dem Klerikerstand zu entlassen ist deutlich schwieriger als einem Religionslehrer die missio canonica zu entziehen und ihm damit im Ergebnis seine Tätigkeit zu verbieten."

Rechtsprechung in Deutschland sehr kirchenfreundlich

Zwar verbiete es eine kirchenrechtliche Ausführungsbestimmung, homosexuelle Männer zu Priestern zu weihen, so der Theologe. Diese Instruktion führt seiner Ansicht nach vor allem dazu, dass Männer ihre sexuellen Neigungen verschwiegen oder unterdrückten: "Sie führt aber sicher nicht dazu, dass homosexuelle Männer nicht mehr zu Priestern geweiht werden."

Traditionell sei die Rechtsprechung in Deutschland sehr kirchenfreundlich - doch zunehmend bewerteten Arbeitsgerichte Entscheidungen der Kirche auch inhaltlich. "Der Kirche wird nicht mehr ein uneingeschränktes Recht zugebilligt, ihre Angelegenheiten wirklich völlig losgelöst von allen anderen Umständen zu ordnen und zu verwalten", betonte Bier.

Nicht im Blick habe der Gesetzgeber Menschen, die etwa transsexuell oder nicht-binär sind. Sie seien daher auch nicht implizit im Kirchenrecht berücksichtigt, erklärte Bier. Eine vertrauliche Note der Glaubenskongregation habe jedoch darauf hingewiesen, dass transsexuelle Menschen keinen Anspruch auf kirchliche Funktionen hätten: "Um kein Ärgernis zu erregen oder um keine Verwirrung zu stiften, sollten sie demnach eher nicht als Religionslehrer tätig sein oder Lektoren werden."