Weltweit Proteste am Internationalen Tag gegen die Todesstrafe - im domradio spricht Matthias Leineweber über die Arbeit von Sant´Egidio

"Es geht um Menschen, nicht Zahlen"

Als 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet wurde, war die Todesstrafe noch immer weit verbreitet. Nur acht Länder hatten sie zu dem Zeitpunkt abgeschafft - heute sind es immerhin schon 137. "Das Unrechts-Bewusstsein setzt sich immer mehr durch." Matthias Leineweber engagiert sich mit der katholischen Gemeinschaft Sant´Egidio gegen die Todesstrafe und für Verurteilte. Im domradio-Interview spricht er über seine Arbeit und die Notwendigkeit des heutigen "Internationalen Tages gegen die Todesstrafe".

Für Verurteilte ist der Glauben häufig der letzte Halt  (epd)
Für Verurteilte ist der Glauben häufig der letzte Halt / ( epd )

Hören Sie hier das Interview mit Matthias Leineweber von der katholischen Gemeinschaft Sant´Egidio nach.

Weltweite Proteste gegen Todesstrafe geplant
Zu weltweiten Protestaktionen gegen die Todesstrafe hat amnesty international (ai) aufgerufen. Insbesondere in Asien würden viele Menschen hingerichtet, erklärte die Menschenrechtsorganisation zum Internationalen Tag gegen die Todesstrafe am Freitag. ai registrierte im vergangenen Jahr 1.252 Exekutionen in 24 Ländern; die Dunkelziffer liege aber wesentlich höher.

Die meisten Hinrichtungen wurden in nur sechs Staaten vollzogen: An der Spitze stand China, gefolgt von Iran, Saudi-Arabien, Pakistan und den USA.
Die Olympianation China sei mit mindestens 470 Hinrichtungen im Jahr
2007 weltweit Spitzenreiter.

"Die Welt blickt nach Asien, und Asien kann sich der Beachtung grundlegender Menschenrechte nicht länger verschließen," sagte Renate Müller-Wollermann von ai. 95 Prozent der Asiaten lebten in Ländern, die die Todesstrafe vorsehen. In Berlin will die Menschenrechtsorganisation Freitagabend vor der japanischen Botschaft eine Mahnwache abhalten. In dem hoch entwickelten Industrieland seien dieses Jahr bereits 13 Straftäter hingerichtet worden, hieß es. Die Verfahren seien äußerst intransparent. Urteile würden nach Jahren der Einzelhaft und ohne vorherige Benachrichtigung des Betroffenen oder seiner Angehörigen vollstreckt.

Auch der Bundestag verlangt eine Abschaffung
Auch die Bundestagsparteien verlangten die Abschaffung der Todesstrafe. Die Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion für Menschenrechte, Erika Steinbach (CDU), wies darauf hin, dass nur ein Drittel der Weltbevölkerung in Staaten lebe, die nicht hinrichteten.  Länder wie Afghanistan oder Äthiopien hätten die Todesstrafe im vergangenen Jahr wieder aufgenommen, sagte sie am Donnerstag in Berlin. Besonders kritisierte die Fraktionssprecherin die Todesstrafe bei Kindern und Jugendlichen. Menschenrechtsorganisationen sprechen laut Steinbach von 32 Todesurteilen gegen Minderjährige in einem Zeitraum von drei Jahren. Von ihnen seien allein 26 im Iran verhängt worden.

Der menschenrechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Christoph Strässer, sprach von einem weltweiten Trend, die Todesstrafe nicht mehr anzuwenden. Die Europäer könnten stolz sein, dass es auf dem Kontinent - mit Ausnahme von Weißrussland - keine Todesstrafe mehr gebe. Durch das Moratorium in der Russischen Föderation sei die Todesstrafe in den 47 Mitgliedsstaaten des Europarates de facto abgeschafft. Dennoch müsse es darum gehen, auf jene 60 Staaten Druck auszuüben, die die Todesstrafe noch anwenden. "Anlass zu großer Sorge geben insbesondere China und Iran, wo die meisten Hinrichtungen stattfinden." Selbst Jugendliche und geistig Kranke würden nicht verschont.

Der menschenrechtspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Volker Beck, appellierte an die Bundesregierung, sich intensiv für eine Aufhebung der Todesstrafe und ein Moratorium für die Vollstreckung bestehender Urteile einzusetzen. "Bis zur endgültigen Abschaffung der Todesstrafe muss ihre Anwendung drastisch reduziert werden", sagte er. Wenigstens müsse die Zahl der Verbrechen, die mit der Hinrichtung bestraft werden können, massiv begrenzt werden.