Welt 08.11.2010

Der Aufbruch lässt noch auf sich warten

Bonn - Das Kölner Domradio ist in der katholischen Szene bekannt für seinen sanften Sound. Am Wochenende drehte der Sender allerdings kräftig auf. "Jetzt geht es los!", verkündete er nach der gemeinsamen Arbeitstagung von 20 Vertretern der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und ebenso vielen Mitgliedern des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) im rheinischen Bensberg. Das große Thema der von Beobachtern auch als Krisensitzung eingestuften Zusammenkunft: "Der Weg der Kirche in die Zukunft". Zum wiederholten Mal nach dem Schock der Missbrauchsskandale bliesen Bischöfe und Laien zum "Aufbruch" - das neue Zauberwort im Katholizismus. Aber wie dieser Aufbruch konkret aussehen soll, darüber sollen sich erst einmal zwei Projektgruppen Gedanken machen. Auf der Agenda stehen Fragen der kirchlichen Präsenz in Gesellschaft und Staat, aber auch des Zusammenwirkens von Priestern und Laien. "Wir werden den Weg des konstruktiven Dialogs fortsetzen", sagten der DBK-Vorsitzende Robert Zollitsch und der ZdK-Präsident Alois Glück. Von einer "neuen Qualität" im Umgang miteinander war die Rede. Immer wieder berief man sich dabei auf keinen anderen als Papst Benedikt XVI., der dazu aufgerufen hatte, die Laien nicht mehr nur als Mitarbeiter des Klerus, sondern als "wirklich mitverantwortlich für das Sein und Handeln der Kirche" zu betrachten.

 (DR)

Glück warnte vor kirchlicher Selbstgerechtigkeit und Unbarmherzigkeit, "wenn das Gesetz vor der Liebe kommt". Erzbischof Zollitsch skizzierte die Voraussetzungen für einen "Schritt nach vorn": wenn die Bischöfe mehr und offener miteinander sprechen; wenn die Gläubigen mit den Bischöfen über den Weg der Kirche "verstärkt sprechen können"; wenn die Kirche von sich aus mehr als bisher auf die Menschen zugeht, die Orientierung und religiöse Beheimatung suchen. In diesen Worten schwang viel Kritik an Fehlern der Vergangenheit mit, auch am Verhalten einzelner Bischöfe. Zollitsch machte klar, dass er Schuldzuweisungen wie zum Beispiel gegenüber den Medien oder der modernen Gesellschaft für "zu billig, zu undifferenziert und schon gar nicht zukunftsweisend" hält. Und man dürfe der Frage nicht ausweichen, wie die Kirche eine zeitgemäße Orientierung "gerade auch in Bezug auf die Sexualität" geben könne. Damit rührte Zollitsch an einen Punkt, der aktuell in der Jugendseelsorge eine große Rolle spielt. Denn der Dialog über Fragen der Sexualität, so monieren Kritiker, finde nicht statt. Der Vertrauensverlust, der durch die Missbrauchsfälle entstanden ist, könne aber nur durch einen offeneren Umgang mit dem Thema wieder kompensiert werden.