Weitere ertrunkene Flüchtlinge vor Lampedusa geborgen

Rufe nach Konsequenzen

Nach dem Tod von mehr als 120 afrikanischen Flüchtlingen im Mittelmeer wird in Europa über Konsequenzen aus dem Unglück vor Lampedusa diskutiert. Rufe nach einer Reform der europäischen Flüchtlingspolitik mehren sich.

In der Hoffnung auf ein besseres Leben (dpa)
In der Hoffnung auf ein besseres Leben / ( dpa )

Nach der Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa mehren sich die Rufe nach Konsequenzen. Die EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe, Kristalina Georgieva, forderte bessere Zugangsmöglichkeiten für Flüchtlinge in die Europäische Union. In Deutschland sprachen sich führende Politiker von CDU und SPD für ein Umdenken in der europäischen Flüchtlingspolitik aus. Unterdessen wurden weitere ertrunkene Flüchtlinge vor der italienischen Mittelmeerinsel geborgen.

Taucher der italienischen Küstenwache bargen am Sonntag im Wrack gesunkenen Flüchtlingsschiffs weitere 16 Leichen. Damit stieg die Zahl der Opfer des Unglücks auf 127. Die Behörden gehen davon aus, dass sich insgesamt rund 500 Menschen an Bord des Schiffs befanden. Dieses war am Donnerstag eine halbe Seemeile vor der zu Lampedusa gehörenden Insel Conigli in Brand geraten und anschließend gekentert.

155 Flüchtlinge überlebten das Unglück. Die meisten Flüchtlinge stammten nach UN-Angaben aus Eritrea.

Papst: "Lassen wir unser Herz weinen!"

Papst Franziskus rief beim Angelusgebet auf dem römischen Petersplatz zum Gebet für die Opfer der Flüchtlingskatastrophe auf. Das Kirchenoberhaupt fügte hinzu: "Lassen wir unser Herz weinen!" Die italienische Integrationsministerin Cécile Kyenge bekräftigte bei einem Besuch am Sonntag auf Lampedusa die Forderung nach europäischen Hilfen, um den Zustrom an Bootsflüchtlingen zu bewältigen. Am kommenden Mittwoch wird EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso auf der Insel erwartet.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, bezeichnete das Unglück als "Schande für Europa". "Wir müssen dringend unsere Hilfe verstärken und die Lasten fair verteilen", sagte der Theologe der "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). Die europäische Küstenwache müsse verpflichtet werden, Flüchtlinge in Seenot zu retten: "Sonst droht Europa seine Seele zu verlieren."

EU-Kommissarin Georgieva sagte der Tageszeitung "Die Welt" (Samstagsausgabe): "Wir Europäer müssen nicht nur die Herzen und die Geldbeutel offen halten, sondern auch unsere Grenzen." Der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering (CDU), rief zur Solidarität unter den EU-Ländern im Umgang mit Flüchtlingen auf.

Führend Politiker von CDU und SPD sprachen sich für eine Reform der europäischen Flüchtlingspolitik aus. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner schlug einen europäischen Flüchtlingsgipfel vor. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl sagte der "Welt am Sonntag", man dürfe die Italiener mit dem Problem nicht allein lassen. SPD-Chef Sigmar Gabriel verlangte eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in Europa.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) forderte unterdessen, organisierte Schleuser müssten stärker bekämpft werden. Er wehrte sich zugleich gegen Kritik an der deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik. Der Vorwurf, dass sich Europa abschotte, sei falsch, sagte Friedrich der "Welt am Sonntag". Allein Deutschland habe in diesem Jahr schon annähernd 80.000 Menschen Zuflucht gewährt.


Quelle:
epd
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