Weißrussland: Erste Hinrichtungen in Europa seit 2008

Rückschritt im Osten

Erstmals seit 2008 ist in einem europäischen Land die Todesstrafe vollstreckt worden. Die weißrussische Justiz richtete zwei verurteilte Mörder hin. Menschenrechtsorganisationen und Europarat werfen der weißrussischen Regierung einen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht vor.

 (DR)

Das UN-Menschenrechtskomitee hatte Minsk gebeten, das Urteil nicht zu vollstrecken, bevor es den Einspruch eines der Männer geprüft habe. Unterdessen nahm die Polizei in Minsk vier Menschenrechtsaktivisten bei einer Mahnwache gegen die Hinrichtungen vor dem Präsidentenpalast fest, wie das Belarussische Helsinki-Komitee und das Menschenrechtszentrum Viasna mitteilten.

Weißrussland ist das einzige Land Europas, das noch die Todesstrafe verhängt. Das oberste Gericht in Minsk hatte im Oktober die Urteile gegen Andrej Schuk (25) und Wasil Jazeptschuk (30) bestätigt. Sie waren von Bezirksgerichten in getrennten Verfahren wegen zweifachen Raubmordes beziehungsweise sechsfachen Mordes zum Tod verurteilt worden. Staatspräsident Alexander Lukaschenko wies ihre Gnadengesuche ab. Die Anwälte der Männer warfen der Justiz schwere Verfahrensfehler vor.

Bis zu 400 Hinrichtungen
Die letzten Exekutionen gab es in Weißrussland nach offiziellen Angaben 2008. In dem Jahr wurden vier Menschen hingerichtet.
Insgesamt erlitten in dem Land seit seiner Unabhängigkeit 1991 laut einer Schätzung von amnesty international (ai) bis zu 400 Menschen die Todesstrafe. Die Hinrichtungen erfolgen durch einen Schuss in den Hinterkopf. Angehörige werden erst im Nachhinein informiert.

Der Europarat, die EU und Menschenrechtsorganisationen haben von der Regierung in Minsk wiederholt die Abschaffung der Todesstrafe gefordert. Auf Druck des Europarates setzte das weißrussische Parlament eine Arbeitsgruppe ein, die seit Februar ein Moratorium für Hinrichtungen prüft. Die Parlamentarische Versammlung des Staatenbundes machte 2009 die Wiederverleihung des Sondergast-Status an das Land von der Aussetzung der Todesstrafe abhängig.

Der Präsident des obersten Gerichts, Valentin Sukalo, erklärte vergangenen Sommer, die Justiz sei zu einem Moratorium bereit.
Politiker verwiesen jedoch darauf, dass 1996 bei einem Volksentscheid eine Mehrheit von 80 Prozent der Wähler die Abschaffung der Todesstrafe abgelehnt habe. Dies könne nicht ignoriert werden.