DOMRADIO.DE: Wie würden Sie das Kompassionsfest jemandem erklären, der an diesem Freitag zufällig die Prozession mit dem Gnadenbild Mariens in Hennef-Bödingen sieht und gar nicht weiß, was das ist?

Dr. Dominikus Schwaderlapp (Weihbischof im Erzbistum Köln): Dass Christus gelitten hat, wissen wir. Dass seine Mutter dabei war, wissen wir auch. Man kann sich nur vorstellen, wie eine Mutter fühlt, wenn der Sohn so etwas erleiden muss. Um diese Verbindung zwischen Mutter und Sohn und diese innere Verbundenheit deutlich zu machen, gedenkt man auch des Mitleidens.
Das ist ein sehr altes Fest, gut 600 Jahre alt. Es wurde damals für die ganze Kölner Kirchenprovinz als Fest festgelegt, ist aber dann verschwunden und hat sich nur noch in Bödingen gehalten. Wir gedenken weltweit am 15. September der Schmerzen Mariens, also demselben Inhalt dieses Kompassionsfestes.
DOMRADIO.DE: Es ist schon einmalig, dass das Kompassionsfest nördlich der Alpen nur noch in Hennef-Bödingen gefeiert wird, oder?
Schwaderlapp: Es ist schon ein Alleinstellungsmerkmal. Da wird die Darstellung der Gottesmutter, eine Pietà, die den gestorbenen Erben auf dem Schoß hatte, und dieses Gnadenbild immer schon verehrt. Das wird sicherlich der Hintergrund sein, dass hat man dieses Fest weiter bewahrt hat. Es ist eine schöne Tradition und es schadet nicht, dass wir Kölner auch mal in diesem Punkt wieder ein Alleinstellungsmerkmal haben.
DOMRADIO.DE: Was passiert am Marienwallfahrtsort am Freitag?
Schwaderlapp: Es wird eine heilige Messe gefeiert und dann wird auch das Gnadenbild, die Pietà, durch den Ort getragen. Am Zielort gibt es dann noch eine Schlussandacht und einen Segen. Man trägt die Figur sinnbildlich durch das Dorf, um damit auch zu bitten, dass uns die Gottesmutter als unsere himmlische Fürsprecherin in unseren alltäglichen Nöten und Sorgen hilft, sodass wir der Überzeugung sind, dass sie auch mit uns mitleidet und mitträgt. Sie durch den Ort zu tragen, heißt eben, wir gehen nicht nur zu ihr, sondern Maria kommt zu uns.
DOMRADIO.DE: Warum ist es Ihnen denn so wichtig, bei der Prozession und beim Festgottesdienst dabei zu sein und die Messe zu zelebrieren?
Schwaderlapp: Ich war da schon vor einigen Jahren. Grundsätzlich ist mir die Verehrung der Gottesmutter sehr wichtig. Vom Kreuz herab hat Christus seine Mutter dem Jünger Johannes zur Mutter gegeben und damit auch zur Mutter aller Gläubigen gemacht. Maria ist Urbild der Kirche. Die Kirche soll so von ihrem ganzen Verhalten, von ihrem Tun sein, wie Maria. Sie soll empfänglich sein für Gottes Botschaft. Sie soll Gottes Botschaft unter dem Herzen bewahren und dann auch zur Welt bringen.
Maria ist eigentlich das Bild der Kirche. Mir hat es auch sehr gut gefallen, dass Papst Leo XIV. bei seinen ersten Worten, bei seiner Rede bei der Papstverkündigung eine ganz bewusste Wendung an die Gottesmutter integriert hat, der er die Kirche und sich selbst anvertraut.
Einer der ersten Ausflüge, die er gemacht hat, wenn nicht der erste überhaupt, war nach Genazzano, einem Wallfahrtsort in der Nähe von Rom, um dort auch zu beten und die Gottesmutter um Hilfe zu bitten. Das fand ich sehr schön. Maria hat eine ganz große Bedeutung in der Kirche. Im Mai wird sie besonders verehrt, aber sie ist mir auch für mein persönliches Leben sehr wichtig – meine beste Freundin.
Das Interview führte Johannes Schröer.