Wechsel an der Spitze der westfälischen Kirche besiegelt

"Es geht mit uns Gott weiß wohin"

In einem feierlichen Gottesdienst ist am Sonntag in Bielefeld die neue Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, in ihr Amt eingeführt worden. Sie steht als erste Frau an der Spitze der Landeskirche.

Annette Kurschus / © Harald Oppitz (KNA)
Annette Kurschus / © Harald Oppitz ( KNA )

Westfalen ist die viertgrößte deutsche Landeskirche mit 2,5 Millionen Mitgliedern. Die 49-jährige Theologin ist Nachfolgerin von Präses Alfred Buß, der in dem Gottesdienst nach achtjähriger Amtszeit in den Ruhestand verabschiedet wurde.

Er sprach als EKD-Ratsvorsitzender, kam aber auch als rheinischer Nachbar: Präses Nikolaus Schneider würdigte am Sonntagvormittag in Bielefeld seinen scheidenden westfälischen Amtsbruder Dr. h.c. Alfred Buß als einen Mann von großer Barmherzigkeit. Schneider dankte Präses Buß, der in den Ruhestand getreten ist, für "überzeugendes und ansteckendes Engagement, Barmherzigkeit auch in Strukturen zu verankern und durch Strukturen erfahrbar werden zu lassen". Weiter sagte der oberste Repräsentant der Evangelischen Kirche im Rheinland in Richtung des "Nachbarn" Buß: "Danke, für Deinen nimmermüden Einsatz, Gottes lebendiges Wort auch in den Fragen der sozialen Gerechtigkeit, des Friedens und der Bewahrung der Schöpfung zu Gehör zu bringen und in gerechtes Tun umzusetzen."

Buß war seit 2004 Präses der westfälischen Kirche. Darüber hinaus leitete er von 2004 bis 2009 die Kommission für Migration und Integration der EKD. Als ein führender Repräsentant der bundesweiten Klima-Allianz machte er sich in den letzten Jahren für den Atomausstieg und erneuerbare Energien stark.

"Als rheinischer Präses freue ich mich, Sie als meine unmittelbar benachbarte Präses-Kollegin begrüßen zu können", wandte sich Schneider bei der Feierstunde in Bielefeld an die neue Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus: "Und ich hoffe auf eine fruchtbare Zusammenarbeit in den vielen Feldern des gemeinsamen Wirkens der rheinischen und der westfälischen Landeskirche." Im vergangenen November war Präses Schneider Gast der Landessynode der Schwesterkirche, als die Siegener Superintendentin zur Präses gewählt wurde. Bei dieser Gelegenheit habe er einen wichtigen Eindruck von ihr mitgenommen, berichtete Dr. h.c. Nikolaus Schneider: ",Es geht mit uns Gott weiß wohin’ - dieser Satz von Ihnen bei Ihrer Wahl zur Präses hat sich mir tief eingeprägt. Er wurde auch für mich zu einer ,Begleitmelodie’, die mir Zuversicht schenkt auf unübersichtlichen Wegen.  Das in diesem Satz ausgedrückte Gottvertrauen, also die Gewissheit, dass Gott alle unsere Wege kennt und be  gleitet - das ist nach meiner Erfahrung die entscheidende Voraussetzung für das ,Präses-Sein’ in einer großen Landeskirche und in unruhigen Zeiten."

Verheißung weitergeben
Kurschus bekleidet nach sieben Männern als erste Frau und als erste reformierte Theologin das westfälische Präsesamt. Die bisherige Siegener Superintendentin war im November für acht Jahre zur neuen leitenden Geistlichen gewählt worden. In ihrer Predigt sagte sie vor zahlreichen Ehrengästen aus dem In- und Ausland, Christen hätten die "Verheißung vom Sieg des Lebens in der Welt" durch das Leben, den Tod und die Auferstehung Jesu weiterzugeben.

Den "vielen hässlichen Fratzen des Todes" zum Trotz gestalte die Kirche "im Licht dieser Verheißung den Weg, der zum Leben führt". Das geschehe etwa in Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern und Beratungsstellen, aber auch auf Friedensdemonstrationen, bei der Militärseelsorge, "betend zu Hause oder unermüdlich im Einsatz für Andere", erklärte die neue Präses.

Unter den Ehrengästen waren die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und Bischöfe und Repräsentanten von Kirchen in Europa, Afrika, Asien und Amerika nach Bielefeld gereist, darunter die Spitzenvertreter des Lutherischen Weltbundes, der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa.

Erzbischof Becker: Ökumene ist heilige Pflicht
Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker warnte bei der Einführung von Kurschus  davor, die Ökumene schlechtzureden. "Der Streit unter den Christen beschädigt und verunklart die Verkündigung des Evangeliums", mahnte der katholische Theologe in seinem Grußwort. Der Weg der Ökumene sei "unumkehrbar und eine heilige Pflicht für alle Christen".

Bei aller Ernüchterung in den letzten Jahren bleibe diese Erkenntnis "der treibende Impuls auf dem gemeinsamen Weg zum Ziel der größeren Sichtbarkeit der Einheit der Kirche", sagte Becker. "Diese Grundeinsicht sollte Mahnung in allen Kirchen sein, Worte zu meiden, die den Partner in der Ökumene verletzen."

Becker nannte es schmerzlich, "dass wir als Christen in konfessioneller Färbung und auch Reibung leben, die noch der Klärung und der "Polierung" der Ecken und Kanten bedürfen". Die ausstehenden Klärungen sollten intensiviert werden, vor allem im Blick auf das unterschiedliche Amtsverständnis von Katholiken und Protestanten. Das müsse vertrauensvoll geschehen.