Was würde ein Papstbesuch für Luxemburg bedeuten?

Säkularisierung im Großherzogtum

Ende September soll der Papst bei seiner Belgien-Reise einen Abstecher nach Luxemburg machen. Ein traditionell katholisches Land, das die letzten Jahre einige Umbrüche erlebt hat. Welche Rolle spielt die Kirche im Großherzogtum noch?

Wendet sich Luxemburg von der Kirche ab? / © Julia Steinbrecht (KNA)
Wendet sich Luxemburg von der Kirche ab? / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Bis jetzt ist ein Besuch des Papstes noch nicht bestätigt, der Luxemburger Erzbischof Kardinal Hollerich nennt den Besuch aber "sehr, sehr wahrscheinlich". Wie reagiert Luxemburg auf diese Meldung?

Roland Arens, Chefredakteur der Zeitung Luxemburger Wort, der in der Auflage führenden Tageszeitung Luxemburgs.
Roland Arens, Chefredakteur der Zeitung Luxemburger Wort, der in der Auflage führenden Tageszeitung Luxemburgs.

Roland Arens (Chefredakteur "Luxemburger Wort"): Das war in Luxemburg schon eine Meldung. Vor allem eine überraschende, weil niemand mit dieser Ankündigung gerechnet hatte. Kardinal Hollerich hat die Ankündigung in der vergangenen Woche spontan bei der Wallfahrt Unserer Lieben Frau von Fatima in Wiltz gemacht. Die Überraschung hat viele Leute gefreut, aber es gibt auch einen Teil der Luxemburger Öffentlichkeit, die die Ankündigung lediglich zur Kenntnis genommen hat und es nicht unbedingt als die große Nachricht bewertet.

Ich denke, das wird sich spätestens ändern, sobald der Besuch konkreter wird. Zum Beispiel, wenn der Besuch auch offiziell bestätigt wird und das Programm veröffentlicht wird. Ich glaube, dann wird noch größere Aufmerksamkeit entstehen.

DOMRADIO.DE: Franziskus wäre nicht der erste Papst, der Luxemburg besucht. 1985 war Johannes Paul II. zu Gast im Großherzogtum. Wie katholisch ist denn das Land?

Arens: Die meisten Luxemburger bezeichnen sich selbst als katholisch. Luxemburg blickt auf eine sehr lange katholische Tradition, aber wie in vielen anderen Ländern geht die Praxis des Glaubens und der Religion in den letzten Jahren auch hier stark zurück. Die Säkularisierung hat vor dem Großherzogtum nicht Halt gemacht. Luxemburg ist da keine Ausnahme.

DOMRADIO.DE: Erst 2015 wurden Kirche und Staat in Luxemburg offiziell getrennt. Wie hat sich seitdem das Verhältnis von Kirche und Staat entwickelt?

Arens: Ich denke, dass sich das Verhältnis seit den Verhandlungen stabilisiert hat. Das war für die katholische Kirche ein schmerzhafter Prozess, aber die Gespräche zwischen der Regierung und den Glaubensgemeinschaften waren zielgerichtet und rückblickend konstruktiv.

Roland Arens

"Ich glaube, dass die Kirchenoberhäupter realistisch vorgegangen sind und versucht haben, das Beste daraus zu machen."

Mittlerweile haben sechs Glaubensgemeinschaften eine Konvention mit dem Staat abgeschlossen. Die größte davon ist immer noch die katholische Kirche. Ich glaube, dass die Kirchenoberhäupter realistisch vorgegangen sind und versucht haben, das Beste daraus zu machen. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Entwicklung der Gesellschaft in eine säkularere Richtung geht. Die Gespräche sind nach typischer Luxemburger Methode im Konsens zu einem Abschluss gekommen.

Den Erfolg der Absprachen sieht man auch daran, dass sie trotz eines Regierungswechsels nicht infrage gestellt wurden. Die Abkommen wurden seinerzeit mit der liberal-sozialdemokratisch-grünen Koalition geschlossen. Die neue christdemokratisch-geführte Regierung hat die Abkommen in keiner Weise infrage gestellt, auch im Wahlkampf nicht.

Ich nehme das als erstes Zeichen, dass beide Seiten mit den Ergebnissen der Verhandlungen über die Konventionen zufrieden sind und dass die Beziehungen zwischen den Glaubensgemeinschaften und in den staatlichen Institutionen pragmatisch ablaufen.

Roland Arens

"Bei Kardinal Hollerich fällt mir auf, dass er es versteht, in eingängigen und einfachen Worten komplexe Gedanken zu artikulieren."

DOMRADIO.DE: Der Erzbischof von Luxemburg, Jean-Claude Kardinal Hollerich, hat in den letzten Jahren innerhalb der Kirche stark an Bedeutung gewonnen. Angefangen bei seiner Ernennung zum Kardinal über seine Aufnahme in das höchste Beratergremium des Papstes bis zu seiner Tätigkeit als Generalrelator der Weltsynode. Wie blickt Luxemburg auf seinen Erzbischof? Welchen Ruf hat Hollerich?

Papst Franziskus und Jean-Claude Hollerich / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Jean-Claude Hollerich / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Arens: Der Erzbischof hat sich in Luxemburg sehr großen Respekt erworben, nicht nur in seiner Kirche, sondern darüber hinaus. Er pflegt gute Beziehungen zu allen Kreisen der Politik, vor allem aber zu den Menschen. Ich habe den Kardinal noch vor einer Woche im Pontifikalamt zum 90. Geburtstag des emeritierten Erzbischofs Fernand Franck predigen gehört.

Bei Kardinal Hollerich fällt mir auf, dass er es versteht, in eingängigen und einfachen Worten komplexe Gedanken zu artikulieren. Ich finde, das ist eine sehr starke Qualität von ihm, weil er auf diese Weise Menschen auf Augenhöhe erreicht. Er vermittelt nie den Eindruck, dass er von oben herab handelt. Das ist etwas, was mich bei ihm immer wieder beeindruckt.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

 

Die Vorsitzenden der EU-Bischofskommission COMECE

Nach der vierjährigen Amtszeit des Luxemburger Kardinals Jean-Claude Hollerich (64) wird der Italiener Mariano Crociata (70), Bischof von Latina-Terracina-Sezze-Priverno, achter Vorsitzende in der über 40-jährigen Geschichte der EU-Bischofskommission COMECE:

1. Franz Hengsbach, Bischof von Essen (1982-1984)

2. Jean Hengen, Erzbischof von Luxemburg (1984-1990)

3. Charles Amarin Brand, Erzbischof von Straßburg (1990-1993)

4. Josef Homeyer, Bischof von Hildesheim (1993-2006)

5. Adrianus Herman van Luyn SDB (87), Bischof von Rotterdam

(2006-2012)

Frühjahrsvollversammlung der COMECE / © Cristian Gennari/Siciliani (Comece)
Frühjahrsvollversammlung der COMECE / © Cristian Gennari/Siciliani ( Comece )
Quelle:
DR