Was Prominente in der Kirche hält und was sie sich wünschen

Vom Inhalt überzeugt

Die katholische Kirche in Deutschland ist in der Krise, damit ist sie jeden Tag in den Medien. Und die Zahl der Kirchenaustritte steigt gewaltig - das Thema beschäftigt auch prominentere Zeitgenossen, die katholisch sind.

Autor/in:
Christoph Strack
 (DR)

Doris Schröder-Köpf gibt die Lage ihrer Kirche jedenfalls zu denken. Die gebürtige Oberbayerin ist katholisch. Und bleibt es. "Wenn einzelne schwere Fehler oder gar Verbrechen wie Kindesmissbrauch begehen, ist das für mich kein Grund, diese große Institution Kirche zu verlassen", sagt die 46-jährige Ehefrau von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Glaube basiere nicht auf anderen Menschen, "man ist vom Inhalt überzeugt", sagt die Hannoveranerin. Kritik an Einzelpunkten habe auch sie. Aber es gehe doch um das "große Ganze". Da habe sie ihre Wurzeln.

Markus Lüpertz (69), Maler und Bildhauer, wird noch deutlicher. "Die Kirche", sagt er, "ist das Beste und Schönste, was den Menschen passieren konnte". Dass sie sich selber schwach mache, sei etwas anderes - das hätten ihre Gründer nicht gewollt. "Aber gerade in einer solchen Zeit sollte man nicht austreten." Gewalt und Pädophilie seien ein Problem, dem sich die Kirche stellen müsse. Aber die Täter seien nicht "die Kirche".

Ein Austritt kommt auch für Rupert Neudeck nicht infrage. "Für mich ist die Bindung an die Kirche die Bindung an Jesus Christus." Unkritisch ist der Cap-Anamur-Gründer gegenüber dem aktuellen Krisenmanagement nicht. Er erlebe seine Kirche "gelähmt bis indifferent". Er wünscht sich mutigere Schritte, mehr Beteiligung von Laien, Diakoninnen beispielsweise. Der 70-Jährige sieht jedoch auch die Stärke von Kirche, etwa in Krisengebieten, "wo sie die letzte Hoffnung der Armen ist".

Ähnlich äußert sich Maria von Welser. Die 63-jährige TV-Journalistin trat im Jahr 2000 von der evangelischen zur katholischen Kirche über. Auf die Idee, diese Kirche nun zu verlassen, käme sie "nicht im entferntesten. Gerade in schwierigen Zeiten sollte man an Bord bleiben." Viele nutzten die Missbrauchsfälle nur als Vorwand, "oder aber sie sind keine Kämpfer". Die Direktorin des NDR-Landesfunkhauses Hamburg will kämpfen und "den Mund aufmachen". Sie sei "für die Aufhebung des Zölibats", sagt sie. "Und ich will, dass eines Tages Frauen in der Kirche auch Priester werden können."

Auch der DDR-Bürgerrechtler Jens Reich (71) ist stolz auf die 2.000 Jahre alte Institution, der er sich nach wie vor zugehörig fühlt. Zwar habe er Probleme mit dogmatischen Positionen, auch mit der Bewertung mancher naturwissenschaftlichen Frage, räumt der Biologe ein. Aber er erinnert sich zugleich an die Begeisterung seiner Mutter für den Aufbruch des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65). Weniger positiv fällt das Urteil über den ein oder anderen Amtsträger aus, wie etwa den Augsburger Bischof Walter Mixa: "Ich wusste doch auch schon vor 40 Jahren, dass man Kinder nicht ohrfeigen darf..."

Der Kabarettist Ottfried Fischer (56) verweist auf eigene Erfahrungen: Von den über zehn Jahren, die er in einem katholischen Internat bei Passau verbrachte und von denen er "nur Gutes" berichten kann. Fischer erwartet aber, dass die Kirche härter gegen sexuellen Missbrauch durch Priester vorgeht. Solche Taten seien "pervers und höchst unchristlich". Seine Mahnung kleidet er in drastische Worte: "Die Geschwüre müssen abgeschnitten werden."

Der Missbrauchsskandal beschäftigt auch Ottmar Edenhofer, einen der herausragenden Klimaexperten Deutschlands. Der stellvertretende Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung beklagt "unerträgliche" Verteidigungsversuche von Kirchenvertretern und "wehleidige" Worte aus dem Vatikan. "Moralische Schuld kann nicht mit dem Hinweis auf den statistischen Durchschnitt getilgt werden", sagt der 48-Jährige. Schuld und Sünde, das wisse Kirche doch, bedürften des Bekenntnisses und der Bitte um Vergebung. "Nur so kann es einen Neuanfang geben."

Spiegel-Redakteur Matthias Matussek ist überzeugt: "Es tut sich was in der katholischen Kirche." Irgendwann, so seine Hoffnung, "wird die Sicht wieder frei werden auf das, was Kirche eigentlich ausmacht: Das schönste Angebot, das sich denken lässt. Glauben, Solidarität, Trost, Hilfe, Lebenszuversicht. Und einen Einspruch gegen eine Gesellschaft, die durchsetzt ist von Habgier, Egoismus, Neid, billige Befriedigung, und immer weiter auseinanderfällt."