Was ist seit Veröffentlichung des Gutachtens passiert?

Maßnahmen des Erzbistums München

Eine neue Stabsstelle, mehr unabhängige Ansprechpersonen und Kunstperformance. Das Erzbistum München hat Bilanz zu den Maßnahmen gezogen, die es seit der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachens vor einem Jahr umgesetzt hat.

Pressekonferenz ein Jahr nach Missbrauchsgutachten in München / © Robert Kiderle (KNA)
Pressekonferenz ein Jahr nach Missbrauchsgutachten in München / © Robert Kiderle ( KNA )

Auf Anregung des Betroffenenbeirats wurde zum 1. Juli 2022 eine Stabsstelle "Seelsorge und Beratung für Betroffene von Missbrauch und Gewalt" eingerichtet.

Sie wird geleitet von Pfarrer Kilian Semel, der selbst von einem Priester als Kind missbraucht wurde. Er wird unterstützt von zwei Psychologinnen mit Therapieerfahrung. Eine weitere Fachkraft soll in Kürze dazukommen.

Altersgruppe der 60- bis 80-Jährigen stark vertreten

Semel berichtete von bisher 100 Personen, die angerufen hätten. Stark vertreten sei die Altersgruppe zwischen 60 und 80 Jahren, nur 27 Berichte hätten sich auf das Erzbistum bezogen. Viele hätten zum ersten Mal ins Wort gebracht, was ihnen vor Jahrzehnten geschehen sei. Bei den Gesprächen sei es nicht nur um mögliche Hilfen gegangen, sondern auch um religiöse Fragen, etwa die, wo Gott zum Zeitpunkt des Missbrauchs gewesen sei. Semel ist auch Mitglied des Betroffenenbeirats.

Erzbistum München und Freising

Das Erzbistum München und Freising ist mit rund 1,61 Millionen Katholiken (Stand: Mai 2021) das größte unter den sieben bayerischen Bistümern und eine der bedeutendsten Diözesen in Deutschland. Sie erstreckt sich über eine Fläche von 12.000 Quadratkilometern vorwiegend auf Oberbayern und ging hervor aus dem Hochstift Freising, das der heilige Bonifatius 739 errichtete. Nach der Säkularisation 1821 wurde der Bischofssitz nach Münchenverlegt und die Erhebung zum Erzbistum verfügt.

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Eine bereits zu Jahresbeginn in Betrieb genommene neue Anlauf- und Beratungsstelle hat bis Ende 2022 insgesamt 316 Anrufe erhalten. Gemeldet hätten sich auch Betroffene aus anderen Diözesen und Angehörige, hieß es.

Die Zahl der unabhängigen Ansprechpersonen für die Prüfung von Verdachtsfällen wurde von zwei auf drei aufgestockt. Bei ihnen sind bis Jahresende 57 Meldungen eingegangen, ein Teil habe sich auf bereits bekannte Missbrauchsfälle oder auf anderweitige Grenzverletzungen bezogen.

Höhere Summen für Betroffene

Das Erzbistum nannte auch Zahlen zu Anerkennungsleistungen: Nach dem alten Verfahren (vor 2021) wurde 53 Mal Betroffenen Geld überwiesen, in der Regel sei es der damalige Höchstbetrag von 5.000 Euro gewesen.

Nach dem neuen Verfahren seien bis Ende vergangenen Jahres 54 Anträge gestellt und davon 48 durch die auf Bundesebene tätige Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) entschieden worden. In einem Fall habe es sich um eine Summe von 50.000 Euro gehandelt. Außerdem würden Therapie- und Anwaltskosten übernommen

Quelle:
KNA