Auftaktstatement der DBK-Frühjahrsvollversammlung

Was die Bischöfe zu besprechen haben

Das Interesse der Öffentlichkeit an der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz ist nach den Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche nicht gerade gering. Zum Auftakt trat Kardinal Reinhard Marx vor die Presse.

Kardinal Reinhard Marx / © Harald Oppitz (KNA)
Kardinal Reinhard Marx / © Harald Oppitz ( KNA )

Zu Beginn mahnte Kardinal Reinhard Marx eine faire Berichterstattung zum Thema Kirche und Missbrauch an. Die katholische Kirche in der Bundesrepublik habe sich bei der Aufarbeitung bereits vor Jahren auf den Weg gemacht, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Montag im emsländischen Lingen.

Jetzt gehe es darum, weitere konkrete Schritte umzusetzen, wie sie die im Herbst vorgestellte Missbrauchsstudie angeregt habe, sagte Marx zum Auftakt des Frühjahrstreffens der Bischöfe.

Zölibat wird nicht Pro oder Contra diskutiert

Konkret befassen sich die Bischöfe laut Marx mit dem Monitoring in Sachen Missbrauchsprävention, der Einrichtung von mehr unabhängigen Anlaufstellen für Opfer und der finanziellen Anerkennung des Leids.

Zudem gehe es um die "systemischen Gefährdungen in der Kirche". Zu diesem Beratungskomplex gehöre die Sexualmoral, die Macht von Geistlichen und die Lebensform der Priester. Die Frage des Zölibats werde dabei aber nicht unter dem Aspekt von Pro und Contra diskutiert; mit einer jahrhundertealten Tradition könne so nicht umgegangen werden. Vielmehr gehe es hier um die Verbesserung von Aus- und Fortbildung von Priestern und die geistliche Begleitung von Klerikern.

Marx verteidigte, dass bei der Versammlung der Bischofskonferenz keine Vertreter von Opfer-Organisationen eingeladen sind. Es gebe Beratungen der Bischöfe einerseits und Orte des Zuhörens andererseits. Der Kardinal bekräftigte seine positive Bewertung des Vatikan-Gipfels zum Thema Missbrauch. Für die weltweite Gemeinschaft der Kirche sei es etwas Neues gewesen, das Problem deutlich zu begreifen und die Kultur des Verschweigens und des Nicht-Wahrhaben-Wollens zu überwinden. "Ich empfinde das Ganze eher als Schub", so Marx.

Frauenförderung in Kirche und Politik notwendig

Des Weiteren hat sich Kardinal Marx für eine aktive Frauenförderung in Kirche und Politik ausgesprochen. Er sei früher ein Gegner von Frauenquoten gewesen, heute aber sehe er die Sache differenzierter, betonte Marx. Dass es mehr Frauen in Verantwortungspositionen gebe, geschehe nicht einfach von selbst.

"Ich habe begriffen, dass man intensiv daran arbeiten muss, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu fördern, damit es auch geschieht", erklärte Marx.

Als Negativbeispiel verwies der Münchner Erzbischof darauf, dass im Bayerischen Landtag die Zahl der weiblichen Abgeordneten seit der letzten Wahl wieder rückläufig sei. Dagegen müsse man etwas tun. Wenn Frauen sich in besonderer Weise um die Familie kümmerten, dürfe dies nicht dazu führen, dass sie weniger Möglichkeiten zur Partizipation bekämen. Viele Forschungsergebnisse zeigten, dass die gemeinsame Arbeit von Männern und Frauen sich positiv auf die Arbeitsergebnisse auswirke. "Deshalb sollten wir auch im kirchlichen Bereich die Frauen stärker einbeziehen", sagte Marx.

Zugleich erklärte der Kardinal, die Frage der Zulassung von Frauen zu kirchlichen Weiheämtern stehe bei der Vollversammlung in Lingen nicht auf der Tagesordnung. Wörtlich sagte er: "Wir haben jetzt nicht die Agenda, hier alle aktuellen theologischen Streitfragen zu diskutieren. (...) Aber das Thema wird sicher im Rahmen der Diskussion auftauchen, und zwar berechtigterweise."

Unter Papst Franziskus 2.200 Missbrauchs-Anzeigen in Rom eingegangen

Auf das weltweite Ausmaß des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen in Gesellschaft und Kirche hat der Apostolische Nuntius in Deutschland hingewiesen. Erzbischof Nikola Eterovic erklärte, allein seit dem Amtsantritt von Papst Franziskus vor sechs Jahren seien 2.200 kirchliche Fälle bei der zuständigen Vatikanbehörde, der Römischen Glaubenskongregation, eingegangen. Bei vielen davon handele es sich aber um schon verjährte Altfälle.

Der Botschafter des Papstes in Deutschland betonte, das "abgründige Verbrechen" von Geistlichen an Minderjährigen erfülle die Kirche mit "Scham und Demut", aber auch "mit dem Willen, darum zu kämpfen, es aus der Mitte der Kirche und, wenn möglich, der Gesellschaft herauszureißen". Deshalb habe Papst Franziskus die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen vom 21. bis 24. Februar 2019 in den Vatikan zum sogenannten Anti-Missbrauchsgipfel zusammengerufen.


Quelle:
KNA
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