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Warum wir Atempausen brauchen

Es regnet. Präziser: Es nieselt so stark, dass eine Art zarter Wasservorhang vor meinem Fenster hängt. Der Anblick entspannt mich – und ich staune wie sehr.  

Waldsterben durch Klimawandel / © Screenshot (AFP)
Waldsterben durch Klimawandel / © Screenshot ( AFP )

Denn hey, wir haben das erste Septemberwochenende. Also Herbst. Also ist der Sommer vorbei.

So rasant wie dieses Jahr, habe ich es allerdings noch nie erlebt. Das war ein Sturzflug von Hochsommer zu Tiefherbst. Über Nacht.

Gerade noch habe ich frühmorgens, sobald die erste Sonne kam, alle Schotten dichtgemacht, um unterm Dach nicht den Hitzetod zu sterben.

Gestern habe ich die Heizung angestellt.

Verrückt.

All das verstärkt das Grundrauschen, das wie ein Unheil kündender Soundtrack unter den Bildern dieses Sommers liegt.

Der so voll mit neuen Zeichen des Klimawandels ist: Da sind die Holundersträucher. Seit April halte ich nach ihnen Ausschau. Dieses Jahr endlich wollte ich wieder Holunderbeeren einkochen, sammle seit Wochen Flaschen dafür.

Aber so viele Sträucher ich an den Wegen in den Feldern auch ansteure: Alle haben nur winzige Beerenkügelchen. Und vertrocknet sind diese auch schon.

Da sind die großen Erntefahrzeuge der Bauern hier. Über welche Felder sie auch fahren, immer wirbeln sie riesige, gelbbraune, haushohe Staubwolken auf. Fast als führen sie durch eine Wüste.

Alles um mich herum zeigt im dritten Dürresommer in Folge, wie sehr und wie schnell der Klimawandel voranschreitet.

Es gibt Tage, da will ich mir nur die Decke übern Kopf ziehen, mich im Bett verstecken und nichts, gar nichts vom Klimawandel wissen. Denn natürlich weiß ich, was uns blühen wird, wenn uns die Wende in der Klimapolitik nicht gelingt.  

Aber eben, weil ich weiß, wie grauenhaft es werden wird, bin ich gnädig mit mir, wenn ich den Klimawandel mal nicht aushalten kann.

An allen anderen Tagen lese ich alles, was ich über unseren Konsum, unser Verhalten und den Zusammenhang zum Klimawandel finden kann.

Da gibt es viel zu finden, viel zu lernen. Und viel zu tun. Was ich alleine, was wir als Familie und was wir alle zusammen politisch ändern können. Damit wir die Wende schaffen.

Denn natürlich können wir das. Noch.

Unterdessen hat der Regen aufgehört. Aber die Luft ist frisch und klar. Wie eine Atempause. Für die Pflanzen. Für uns.

Wunderbar wäre, wenn wir diese kleine Pause erst nutzen, um Kraft zu schöpfen. Und dann, um alles zu tun, was individuell und kollektiv in unserer Macht steht.


Quelle:
ak