Warum die Holocaust-Konferenz eigentlich nicht so schlimm wäre, sie es aber doch ist - der Journalist Günther Ginzel im domradio

"Diese durchgeknallten Typen in Teheran"

In der iranischen Hauptstadt Teheran hat am Montag eine international umstrittene Holocaust-Konferenz begonnen. Ein Treffen "durchgeknallter Typen", das der jüdische Historiker, Journalist und Publizist Günther Ginzel eigentlich gar nicht ernst nehmen würde. Schon seit Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 gebe es Menschen, die den Holocaust leugnen. "Neu ist, dass die Regierung eines großen Landes dieses Thema zu Eigen macht und zum Angriff auf den anerkannten Staat Israel nutzt", bedauert Ginzel im domradio-Interview. Und fragt sich, warum im Iran niemand auf die Straße geht. Auch der Vatikan hat die umstrittene iranische Konferenz scharf kritisiert.

 (DR)

"Der Iran ist kein Land der Freiheit mehr"
"Der Iran ist keine kulturlose Wüste. Im Gegenteil: er steht für eine der ältesten Kulturen dieser Welt. Der Iran steht für 3000 Jahre einer faszinierenden jüdisch-iranischen Gemeinsamkeit." Eine Gemeinsamkeit, die fast 2000 Jahre älter sei als Mohammed, so das Mitglied der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit.

"Im Iran zwingt eine ungebildete Klerikerschicht die zum Teil hoch gebildete übrige Bevölkerung zum Schweigen." Der Iran sei kein Land der Freiheit mehr. Dafür eines, das bald über Atomwaffen verfüge.

Das größte Problem stellt für Ginzel aber die Wahrnehmung in Europa dar. "Die orientalische Gesellschaft wird den Europäern immer unheimlicher."

Lesen Sie zum Thema: "Antisemitismus: Erscheinungsformen der Judenfeindschaft gestern und heute" von Günther B. Ginzel, erschienen 1991 im Verlag "Wissenschaft und Politik".

Zentralrat begrüßt Kritik des Bundes an Holocaust-Konferenz
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die kritische Haltung der Bundesregierung zur Holocaust-Konferenz im Iran gewürdigt. Die unmissverständlich ablehnende Haltung der Bundesregierung gegenüber dieser den Holocaust leugnenden Veranstaltung sei ein wichtiges Signal gewesen, teilte das Präsidium des Zentralrats am Dienstag in Berlin mit.

Es sei unerträglich, wenn unter dem Schutz der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit eine pseudowissenschaftliche Veranstaltung von bekannten Holocaust-Leugnern für die verbrecherischen Absichten des Mullah-Regimes in Teheran instrumentalisiert werde, erklärte Zentralrats-Präsidentin Charlotte Knobloch. Ein Regime, das damit auch die Existenz des Staates Israel in Frage stelle, disqualifiziere sich als seriöser politischer Partner auch für die Lösung des Irak-Konfliktes.

Auch Vatikan rügt Konferenz
Auch der Vatikan hat die umstrittene iranische Konferenz zum Holocaust scharf kritisiert. Das Gedenken an den millionenfachen Judenmord müsse als "Mahnung" wach gehalten werden, erklärte der Vatikan am Dienstag. Dabei habe es sich um den Versuch gehandelt, "das jüdische Volk durch die Tötung von Millionen Juden aller Alters- und sozialen Klassen auszulöschen".

Zudem erinnerte der Vatikan an den Besuch von Papst Benedikt XVI. im früheren Vernichtungslager Auschwitz im vergangenen Mai. Die am Montag eröffnete zweitägige so genannte Holocaust-Konferenz in Teheran verstärkt internationaler Kritik zufolge antijüdische Ressentiments und transportiert eine israelfeindliche Politik. In den Konzentrationslagern Auschwitz und Auschwitz-Birkenau wurden zwischen 1940 und 1945 etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet.

Lammert: Protest gegen Konferenz in Teheran
Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte bereits am Montag gegen Geist und Ziele der Teheraner Holocaust-Konferenz protestiert. In einem Brief an den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad verurteilte der CDU-Politiker "jeden Versuch, unter dem Vorwand wissenschaftlicher Freiheit und Objektivität".

Ziel der Konferenz ist es nach Lammerts Einschätzung, "antijüdische Ressentiments zu verstärken und einer dezidiert israelfeindlichen Politik eine pseudowissenschaftliche Rechtfertigung zu verleihen".

An der am Montag in der iranischen Hauptstadt eröffneten Konferenz nehmen nach offiziellen Angaben mehr als 60 ausländische Gäste aus 30 Ländern teil. Hierbei handele es sich nur um Wissenschaftler und Meinungsforscher, nicht jedoch um Neo-Nazis, betonen die Veranstalter.