Wangerooge-Pfarrer will Bewohnern und Gästen gerecht werden

Die Kunst der Spontanität

Auf Wangerooge gibt es die katholische Pfarrgemeinde Sankt Willehad. Egbert Schlotmann ist dort Inselpfarrer und erklärt die Besonderheiten der Arbeit vor Ort. Um Inselbewohner und Urlauber zu versorgen, ist Spontanität nötig.

Leuchtturm auf der Insel Wangerooge mit Strand / © Katrin Friedl Fotografie (shutterstock)
Leuchtturm auf der Insel Wangerooge mit Strand / © Katrin Friedl Fotografie ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Da arbeiten, wo andere Urlaub machen, das trifft für Sie seit gut acht Jahren zu. Was lieben Sie an Ihrer Arbeit als Inselpfarrer auf Wangerooge? Was ist das Besondere? 

Egbert Schlotmann (Inselpfarrer der Pfarrgemeinde Sankt Willehad auf Wangerooge): Ich würde Mehreres nennen. Das eine ist die kleine, feine Gemeinde, die wir mit 170 bis 200 Katholiken haben. Das ist eine gute Zahl. Damit kann man in der Gemeinde gut Seelsorge betreiben.

Egbert Schlotmann (privat)
Egbert Schlotmann / ( privat )

Das andere sind die vielen Urlauber, die kommen. Das sind im Sommer bis zu 10.000 Gäste. Sie oder einen Teil von ihnen zu begleiten, finde ich schön. 

Das Spannende daran ist jedoch nicht nur die Urlaubseelsorge, sondern auch die Exerzitien, die ich leite. Außerdem bin ich in der systemischen Beratung tätig. Das lässt sich alles gut miteinander verweben. 

Es macht einfach Freude, hier zu sein. Ich bin seit acht Jahren hier und hatte noch keinen Tag, an dem ich es bereut habe, hierher gekommen zu sein.

Egbert Schlotmann

"Bei uns ist das jeden Tag anders."

DOMRADIO.DE: Ihre Gottesdienste sind sehr beliebt, nicht nur bei den Urlaubern, sondern auch bei den Insulanern. Wie schaffen Sie es, beide Gruppen in ein Boot zu holen? 

Schlotmann: Das ist nicht einfach. Ich muss spontan sein. Ich weiß nie, welche Leute in der Kirche sind. Es ist anders als auf einer Festlandgemeinde, wo ich ungefähr weiß, die und die kommen und die und die sitzen dort auf den Plätzen. Bei uns ist das jeden Tag anders. 

Manchmal gibt es viele Kinder. Dann muss ich gucken, wie ich mit den Kindern umgehe. Manchmal sind mehr Erwachsene da, mal mehr ältere Leute und manchmal auch Senioren. Es ist immer anders, die beiden unterschiedlichen Altersstrukturen aber auch Gemeinde und Urlaub zusammenzubringen und Seelsorge miteinander zu verweben.

Ich bereite das gut vor. Gleichzeitig merke ich jedoch auch, dass ich von den Gedanken, die da waren, etwas weglassen muss. Manchmal muss ich es anders formulieren, weil ich nicht genau weiß, wer wann und wie da ist.

Im Winter sind die Urlauber nicht viel da. Dann können unsere Leute verstärkt in den Blick genommen werden. Das genießen die auch. Gleichzeitig finden die es aber auch schön, wenn Urlauber da sind, so dass es wirklich ein gutes Miteinander und ein guter Austausch da ist. 

DOMRADIO.DE: Die katholische Kirche steht in der Kritik. Sie sehen viel Luft nach oben. Stichwort Frauen als Diakoninnen oder Priesterinnen, Stichwort Zölibat. Wie gehen Sie damit um? 

Egbert Schlotmann

"Die können hier noch mal ins Gespräch kommen, weil sie sehen, dass eine Offenheit da ist." 

Schlotmann: In dem ich es benenne. Ich benenne es in der Kirche. Ich benenne es öffentlich. Ich würde sagen, es gibt viel Luft nach oben. Ich bin jemand, der sich dafür ausspricht, dass Frauen geweiht werden können. Ich bin dafür, dass verheiratete Männer geweiht werden können. Für mich ist das kein Thema.

Gerade in der Urlaubszeit ist das ein Thema für Menschen, die sich eventuell von der Kirche abwenden. Die können hier noch mal ins Gespräch kommen, weil sie sehen, dass eine Offenheit da ist. 

DOMRADIO.DE: Sie sind nicht nur Pfarrer, Sie sind auch ausgebildeter Wattführer. Einen Gottesdienst im Watt haben Sie noch nicht gefeiert, oder? 

Schlotmann: Doch, letztes Jahr, als die Zugvogeltage im Oktober waren. Ich habe einen meditativen Gottesdienst angeboten. Das war aber keine Eucharistiefeier. Es war schön mit den Leuten durchs Watt zu gehen und an bestimmten Stellen die Bibel zur Hand zu nehmen und das Watt im Blick zu halten. 

Eine besondere Kulisse: Hinter Pfarrer Schlotmann rauscht das Meer.  / © Beatrice Tomasetti (DR)
Eine besondere Kulisse: Hinter Pfarrer Schlotmann rauscht das Meer. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

DOMRADIO.DE: Hochwasser- und Niedrigwasserzeiten haben Sie im Blick? 

Schlotmann: Die muss ich im Blick haben als Führer. Das ist ganz entscheidend. Das geht nicht anders. Es gibt bestimmte Regeln, die eingehalten werden müssen. Das ist unter anderem die wichtigste Regel, zu schauen, wann ist Hochwasser und wann ist Niedrigwasser. 

Egbert Schlotmann

"Ich glaube, dass ich auch hier auf Erden dem Himmel sehr nah bin."

DOMRADIO.DE: Wangerooge ist bundesweit in den Schlagzeilen. Es wird ein Leuchtturmwärter gesucht. Es gibt mehr als 700 Bewerbungen. Wäre das nicht auch was für Sie? 161 Stufen in die Höhe, dem Himmel so nahe? 

Schlotmann: Ich glaube, dass ich auch hier auf Erden dem Himmel sehr nah bin. Ich bin schon mal gefragt worden, ob ich mir das vorstellen könnte. Es geht natürlich nicht. Also in dem, was ich dann hier vo Ort an Arbeit habe, ist was anderes gar nicht mehr möglich. 

Wangerooge ist auch für sein Watt bekannt. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Wangerooge ist auch für sein Watt bekannt. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Reizvoll finde ich es, nachher mit dem Wärter oder mit der Wärterin gemeinsam etwas zu tun. Das kann ich mir sehr gut vorstellen, weil das ein unterschiedliches Arbeiten ist. Es ist nicht nur die Außenpflege, sondern auch das Leiten des Museums. Gleichzeitig muss auch die Tür für bestimmte Hochzeiten und Trauungen offengehalten werden. Das kann ich mir im Miteinander gut vorstellen. Ich bin jemand, der Spaß hat, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten. 

DOMRADIO.DE: Die Urlaubssaison steht vor der Tür. In einem Monat ist Ostern. Dann geht es im Grunde los mit den ersten Touristen, die kommen. Was bieten Sie in der Urlaubsseelsorge in dieser Saison an? 

Schlotmann: In den Kar- und Ostertagen haben wir das Thema Spurensuche. Wir gehen auf Spurensuche in der Bibel, aber auch bei den Menschen. Wir schauen in der Bibel, welche Spuren sind dort hinterlassen worden. Das ist das Thema der Kar- und Ostertage. 

Dann haben wir in der Hochsaison im Sommer zehn bis elf Wochen, in denen wir uns dem Thema "Zwischen Himmel und Erde" annehmen. Damit können wir den Blick auf das lenken, was unser Anliegen zwischen Himmel und Erde ist: einfach da zu sein. 

Dafür haben wir einige Künstler und Künstlerinnen gewonnen, die uns Kunstwerke gegeben haben. Die kommen auf die Insel. Anhand dieser Kunstwerke kann man schauen, was bedeutet das denn, den Blick auf das zu lenken, was unser Anliegen ist: mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen und trotzdem den Blick gen Himmel zu halten. Für mich etwas ganz Wunderbares. 

Es gibt Kunstwerke, die Himmelsgucker heißen und da haben wir einen Künstler und ein Künstlerin gewonnen, die uns ihre Kunstwerke zur Verfügung stellen. 

Das Interview führte Carsten Döpp.

Quelle:
DR