Vorwurf nach Mügeln: Versäumnisse im Kampf gegen Rechts

Von der Leyen unter Druck

Nach der Hetzjagd auf acht Inder im sächsischen Mügeln gerät die für die Bekämpfung des Rechtsextremismus zuständige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen zunehmend in die Kritik. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee warf seiner Kabinettskollegin Versäumnisse im Kampf gegen Rechts vor. Andere Politiker fordern, das Thema dem Innenminister zu überlassen.

 (DR)

"Das ist ein Ausdruck von Hilflosigkeit"
Der SPD-Politiker Wiefelspütz sprach sich dafür aus, die Zuständigkeit für die Bekämpfung des Rechtsextremismus vom Bundesfamilienministerium ins Innenressort zu verlagern. Unter dem früheren Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) sei Rechtsextremismus noch Chefsache gewesen, betonte Wiefelspütz.

Zuvor hatte bereits der Zentralrat der Juden von der Leyen Versäumnisse bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus vorgeworfen und eine Verlagerung der Zuständigkeit für dieses Thema ins Innenministerium gefordert. Dies hatte von der Leyen aber abgelehnt.

Nach dem Angriff auf eine Gruppe von Indern war bekannt geworden, dass der Bund dem Landkreis Torgau-Oschatz, in dem Mügeln liegt, Fördergelder für Anti-Rechts-Projekte verwehrt hatte. Nun kündigte von der Leyen an, sich doch noch für eine Bewilligung einzusetzen.

"Das ist ein Ausdruck von Hilflosigkeit", sagte Wiefelspütz. "Wir brauchen eine Gesamtstrategie. Es ist fünf vor zwölf, aber der Bundesregierung fehlt der ernsthafte Willen", monierte der SPD-Politiker. Auch die FDP-Fraktionsvize im Bundestag, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, kritisierte von der Leyens Ankündigung als "Armutszeugnis".

"Sprachlos und fassungslos"
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte, es mache "sprachlos und fassungslos", dass ein Landkreis erst dann Geld bekomme, wenn dort "Leute verprügelt" worden seien. Künast forderte eine Verdoppelung der Bundesmittel für den Kampf gegen Rechts von derzeit 19 Millionen Euro im Jahr. Sie warf von der Leyen vor, sich für Jugendliche nicht zu interessieren: "Es gibt keine Aktivitäten des Ministeriums für eine zielgerichtete Jugendarbeit."

Der Bürgermeister von Mügeln, Gotthard Deuse (FDP), wird wegen seiner Äußerungen zu der Hetzjagd von Parteifreunden unterdessen heftig kritisiert. Niedersachsens FDP-Chef Philipp Rösler nannte die Reaktion Deuses auf den Vorfall "eine Schande". Deuse hatte erklärt, Parolen wie "Ausländer raus" könnten jedem einmal über die Lippen kommen. "Wenn solche Dinge in einer Stadt passieren, ist man als liberaler Bürgermeister geradezu gefordert, sich des Themas gründlich anzunehmen anstatt es zu verniedlichen oder anderen die Schuld zuzuschieben", sagte Rösler, der selbst aus Vietnam stammt.

Der Vorsitzende der Berliner Liberalen, Markus Löning, forderte Deuse auf, seine "absurde Äußerung" zurückzunehmen. Er habe eine Einstellung verteidigt, "die wir bekämpfen".

Auch die Jungen Liberalen forderten Deuse zu einer Reaktion auf. "So zu tun, als habe man kein Problem mit Rechtsextremismus, sondern 'nur' mit Ausländerfeindlichkeit, ist inakzeptabel und zeigt ein recht absurdes Gedankengebäude", sagte der Bundesvorsitzende der JuLis, Johannes Vogel. Ausländerfeindlichkeit sei in einer liberalen Gesellschaft genauso wenig hinnehmbar wie Rechtsextremismus.