Theologe: "Mission-Bashing" fand zu Unrecht statt

Vorwurf der Nähe zum Kolonialismus

Der Begriff "Mission" ist "verbrannt", sagt der Wuppertaler Missionswissenschaftler Henning Wrogemann. Das sei eine Folge des weit verbreiteten "Mission-Bashings". Dabei bedeute er ursprünglich, "die eigene Freude des Glaubens zu teilen".

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Von Bettina von Clausewitz
 (DR)

Über Jahrzehnte sei der Begriff "Mission" diskreditiert worden, sagt Henning Wrogemann. Erst jetzt werde er langsam wieder neu entdeckt. Selbst in kirchlichen Kreisen werde die Rede von Mission als peinlich und unangemessen empfunden. Der Begriff sei oft "verleugnet" worden, sagte der Theologieprofessor. Stattdessen heiße es häufig: "Wir wollen ja niemanden missionieren", kritisierte der Inhaber des Lehrstuhls für Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel.

"Mission" mit neuen Inhalten füllen

Theologisch bedeute Mission jedoch nicht, anderen etwas überzustülpen, sondern "die eigene Freude des Glaubens zu teilen", sagte Wrogemann. Die aktuelle Neubewertung des Missionsverständnisses in der evangelischen Kirche führt der Theologe neben dem Mitgliederverlust auch auf eine bunter werdende Kirchenlandschaft in Deutschland mit vielen Migrationsgemeinden zurück.

Nach Wrogemanns Beobachtung kommt durch diese Gemeinden das Thema Mission zurück. Dies sei eine Chance zum gegenseitigen Lernen. "Für 2,5 Milliarden Christinnen und Christen in Afrika, Asien oder Nordamerika ist es völlig unproblematisch, über ihren Glauben zu sprechen, da ist der Begriff nicht verbrannt, man muss ihn nur neu füllen", sagte der 57-jährige Theologe.

Europäische Kolonialgeschichte

Die negative Bewertung von Mission in Europa führt Wrogemann auch auf die Nähe zur europäischen Kolonialgeschichte zurück. Lange Zeit sei es wie ein Mantra gewesen, Mission und Kolonisation mit ihren negativen Folgen zusammenzusehen und andere Zeiten einer vielfältigen, 2.000 Jahre langen Missionsgeschichte auszublenden.

Neues Missionsverständnis

"Diese Fehlwahrnehmungen sind so eklatant, dass man nur noch von Ideologie sprechen kann", erklärt der Wissenschaftlers. Er hob hervor, dass überall auf der Welt einheimische Christen das Evangelium eigenständig weiterverbreitet hätten und nicht nur weiße Missionare.

Die diese Woche per Videokonferenz tagende Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Missionsverständnis.


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epd