Vor 75 Jahren starb der Komponist Sergej Rachmaninow

Der Romantik blieb er treu

​Sein Leben verlief alles andere als gradlinig, doch seine Musik machte ihn unsterblich: Sergej Rachmaninow, Ausnahmepianist und Komponist von Weltrang. Und auch das Kino hat ihm viel zu verdanken.

Autor/in:
Andreas Laska
 (DR)

Nein, seine Zeitgenossen waren wenig begeistert von Sergej Rachmaninows Musik: "Gefühlvolle Jauche" sagte Richard Strauss über die Kompositionen des Russen, George Bernard Shaw bezeichnete ihn als "Vulgär-Töner", und Igor Strawinsky nannte ihn zynisch einen Komponisten grandioser Filmmusik. Seiner Popularität freilich tat das keinen Abbruch. Bis heute zählt Rachmnaninow zu den beliebtesten Komponisten überhaupt. Am 28. März 1943, vor 75 Jahren, starb er im amerikanischen Exil in Beverly Hills an den Folgen eines Lungentumors.

So sarkastisch das mit der Filmmusik auch gemeint war, Strawinskys Seitenhieb sollte sich als prophetisch erweisen: Einen Gutteil seiner Beliebtheit verdankt Rachmaninow tatsächlich dem Medium Film. Sein zweites Klavierkonzert etwa diente gleich mehreren Streifen zur musikalischen Untermalung. Am berühmtesten dürfte "Das verflixte 7. Jahr" sein, in dem sich Marilyn Monroe zu den Klängen des zweiten Satzes verführen lässt.

Schwierige Kindheit und Jugend

Rachmaninows musikalische Begabung trat schon früh zutage. Schon 1883, im Alter von gerade einmal zehn Jahren, wurde er am Sankt Petersburger Konservatorium als Klavierstudent aufgenommen. Glücklich allerdings war seine Kindheit nicht. Nachdem sich seine Eltern im selben Jahr getrennt hatten, wohnte er zunächst bei einer Tante.

Seine schulischen Leistungen aber litten unter der Situation, und das Konservatorium entzog ihm das Stipendium. Die Familie entschied, Rachmaninow nach Moskau zu schicken, wo ihn der berühmte Klavierpädagoge Nikolai Swerew unter seine Fittiche nahm - Kost und Logis inbegriffen. Doch schon bald kam es zum Zerwürfnis, weil der gestrenge Lehrer Rachmaninows kompositorische Ambitionen nicht unterstützte.

Abschlussarbeit: Opfer "Aleko"

Bei Verwandten fand der mittlerweile 16-Jährige eine neue Bleibe - und die Muße, sein Kompositionstalent weiterzuentwickeln. Mit Erfolg: Rachmaninows Abschlussarbeit fürs Moskauer Konservatorium - die einaktige Oper "Aleko" - fand großen Beifall und brachte ihm einen Vertrag mit einem bekannten Verleger ein. Auch sein erstes Klavierkonzert wurde begeistert aufgenommen.

Doch die Erfolgssträhne fand ein jähes Ende: Rachmaninows erste Sinfonie, uraufgeführt 1897 in Sankt Petersburg, fiel bei Publikum und Kritikern durch - eine tiefe Schaffenskrise war die Folge. Statt zu komponieren, verlegte sich Rachmaninow aufs Klavierspielen und Dirigieren. Erst mehrere Hympnosesitzungen beim russischen Psychiatrie-Pionier Nikolai Dahl konnten die Schaffenskrise überwinden. Dahl ist deshalb auch das zweite Klavierkonzert gewidmet, das im Jahr 1900 uraufgeführt wurde.

Schwerer Stand bei Kollegen und Kritikern

Nun schien sich Rachmaninows Leben in ruhigere Bahnen zu bewegen. Als Komponist produktiv, als Pianist im In- und Ausland geschätzt, fand er auch das private Glück. 1902 heiratete er seine Cousine Natalja Satina. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor. Doch so sehr Rachmaninows Kompositionsstil auch beim Publikum ankam - unter Kollegen und Kritikern hatte er zunehmend einen schweren Stand.

Während andere die Grenzen der Tonalität zu sprengen versuchten, blieb er den Idealen der Romantik treu. Kein Wunder, dass er beim Publikum ankommt, schrieb ein prominenter Kritiker, trifft er doch den "durchschnittlichen Spießergeschmack".

Auch die politischen Entwicklungen machten dem im Zarenreich fest verwurzelten Künstler zu schaffen. Nach dem Ausbruch der Oktoberrevolution setzte er sich mit seiner Familie nach Skandinavien ab, reiste schließlich weiter in die USA. Den Rest seines Lebens sollte er dort verbringen, unterbrochen nur von regelmäßigen Sommeraufenthalten in der Schweiz.

Gefeierter Pianist

Heimisch aber wurde Rachmaninow nicht in den USA. Seinen New Yorker Wohnsitz gestaltete er nach Art eines russischen Landhauses um, seine Hausangestellten waren ausschließlich Russen, und auch sein Englisch blieb zeitlebens miserabel. Seiner Schaffenskraft tat das Exils ebenfalls nicht gut. Nur wenige Werke entstanden noch in den letzten 26 Jahren seines Lebens, seinen Lebensunterhalt verdiente sich Rachmaninow als gefeierter Pianist.

Dennoch: Rachmaninows Musik ist aus den großen Konzertsälen nicht wegzudenken. Vor allem seine Klavierkompositionen zählen zum Standardrepertoire aller großen Pianisten. Seltener werden seine vier Opern gespielt. Hierzulande kaum bekannt sind Rachmaninows geistliche Chorwerke, die "Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomus" und "Das große Abend- und Morgenlob". Zu Unrecht, wie der finnische Kirchenmusikspezialist Hilkka Seppälä betont: Rachmaninows Musik sei ganz entscheidend von den Klängen der russisch-orthodxen Kirchenmusik geprägt, die er schon als Kind bei Gottesdienstbesuchen mit seiner Großmutter kennengelernt hatte. Seine geistlichen Kompositionen seinen also gewissermaßen der "echte Rachmaninow".


Quelle:
KNA