Vor 75 Jahren begann die elfmonatige Berliner Luftbrücke

"Tag und Nacht haben die Flugzeugmotoren gedröhnt"

Wenige Jahre zuvor waren sie mit Bomben gekommen, doch nun brachten sie im Akkord Lebensmittel. Die Berliner Luftbrücke rettete die abgeriegelte Millionenstadt und prägte das Bild der Deutschen von den Westmächten.

Das Denkmal für die Berliner Luftbrücke vor dem ehemaligen Flughafen Tempelhof in Berlin / © Gregor Krumpholz (KNA)
Das Denkmal für die Berliner Luftbrücke vor dem ehemaligen Flughafen Tempelhof in Berlin / © Gregor Krumpholz ( KNA )

"Sie flogen so tief, dass man das Gefühl hatte, sie anfassen zu können", erinnert sich Elisabeth Hanky. Die landenden Flugzeuge der Berliner Luftbrücke hat sie, damals zwölf Jahre alt, noch vor Augen, als wäre es heute, 75 Jahre später. "Und Tag und Nacht haben die Motoren der Flugzeuge gedröhnt."

Lebensmittel statt Bomben

Es war die größte Luftversorgungs-Aktion der Geschichte, die am 26. Juni 1948 begann. Und es war eine der spektakulärsten Aktionen des Kalten Krieges, der zwischen den ehemaligen Verbündeten gegen Hitler-Deutschland begonnen hatte.

Noch wenige Jahre zuvor hatten Tag und Nacht die Flugzeuge der Amerikaner und Briten die damalige Reichshauptstadt in Schutt und Asche gelegt, nun waren sie die einzige Lebensader der 2,2 Millionen West-Berliner zum Rest der freien Welt.

Lieferungen nicht anders möglich

Denn bei den Verhandlungen der Alliierten hatten die Westmächte eine wichtige Regelung versäumt: Ungehinderte Zugangswege zu Lande und Wasser nach Berlin, das von der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) umgeben war, wurden nicht vertraglich festgelegt.

Als die Westmächte in ihren drei Sektoren die D-Mark einführten, kam es zum Eklat: Die sowjetische Militärverwaltung unterbrach am Morgen des 24. Juni 1948 den gesamten Straßen- und Schienenverkehr zwischen Berlin und den Westzonen, aus denen später die Bundesrepublik hervorging.

Später wurden auch die Binnenschifffahrtswege geschlossen, so dass auch auf diesem Weg keine Lebensmittel- und Kohlelieferungen in die Westsektoren Berlins mehr möglich waren. Die West-Berliner sollten buchstäblich "ausgehungert" und die Westmächte zum Abzug ihrer Truppen veranlasst werden.

Logistische Meisterleistung

Als Reaktion erteilte der US-Militärgouverneur für Deutschland, General Lucius D. Clay, den Befehl zur Luftbrücke. Anfangs war sie nur für maximal 45 Tage geplant, doch die logistische Meisterleistung bekam immer größere Ausmaße. Der Minimalbedarf zur Versorgung von West-Berlin lag bei bis zu 5.000 Tonnen pro Tag.

So musste auf den Flughäfen Tempelhof und Gatow jeweils eine zweite Landebahn angelegt werden. Außerdem errichteten rund 19.000 Berliner unter Anleitung amerikanischer und französischer Techniker innerhalb von 85 Tagen einen neuen Flughafen in Tegel.

Damit wurden zusätzliche Landemöglichkeiten für die Flugzeuge geschaffen, die von elf Flugplätzen in Westdeutschland starteten. Französische Maschinen waren an der Aktion nicht beteiligt, sie waren durch den Krieg in Indochina gebunden.

Elisabeth Hanky

"Das hat uns lange satt gemacht."

Kakao, Käse und Nudeln

Ständig befanden sich 300 Flugzeuge im Einsatz. Alle 90 Sekunden startete und landete einer der "Rosinenbomber", so nannte der Berliner Volksmund die lauten Propellermaschinen.

Elisabeth Hankys Familie brachten sie zwei Mal ein Care-Paket, wie die Hilfssendungen aus den USA hießen. "Darin waren Kakao, Käse und viele Nudeln", erzählt sie. "Das hat uns lange satt gemacht."

Insgesamt waren es während der Zeit der Blockade 277.246 Flüge, bei denen über zwei Millionen Tonnen Nahrungsmittel, Kohle und Maschinen nach Berlin gebracht wurden.

Darunter waren auch Teile eines Kraftwerks, um die Energieversorgung zu gewährleisten. Auf dem Rückweg brachten die Flugzeuge in der Stadt produzierte Industriegüter in den Westen.

Gegenblockade der Westmächte

Die Transportkosten wurden von den Westmächten getragen. Für Verladung und Umschlag der Güter sowie Ausbau und Unterhalt der Flugplätze kam der Magistrat der Stadt auf. In den drei Westzonen Deutschlands wurde eine Sondersteuer "Notopfer Berlin" erhoben, ein Zuschlag von zwei Pfennig auf alle innerdeutschen Postsachen.

Zudem wurde rund ein Prozent aller Lohn- und Gehaltszahlungen einbehalten – eine Art Vorform des späteren Solidaritätszuschlags.

Diplomatische Lösungsversuche blieben lange ohne Ergebnis. Die Westmächte begannen am 26. Juli 1948 eine Gegenblockade und sperrten den Güterverkehr aus dem Westen in die SBZ.

Elisabeth Hanky

"Die Amerikaner und Briten haben uns gerettet."

Von September 1948 bis Februar 1949 wurde sie auf den Handel mit den osteuropäischen Ländern ausgedehnt. Am 4. Mai 1949 lenkte die Sowjet-Regierung ein, eine Woche später wurden Blockade und Gegenblockade beendet.

Bindung zum Westen gestärkt

Der Einsatz der Westalliierten bei der Luftbrücke – es verloren dabei auch 78 Piloten und Angehörige des Bodenpersonals ihr Leben – hat das Vertrauen der Deutschen zum westlichen Lager nachdrücklich gestärkt. "Die Amerikaner und Briten haben uns gerettet", ist sich auch Elisabeth Hanky bis heute sicher.

Die Teilung Berlins war indes nicht aufzuhalten. Im Herbst 1948 wurde die Verwaltung der Stadt geteilt. Bis zur Wiedervereinigung sollte es noch mehr als 40 Jahre dauern.

Quelle:
KNA