Vor 50 Jahren wurde John F. Kennedy ermordet

Amerikas nie überwundenes Trauma

Als US-Präsident faszinierte John F. Kennedy die Welt. Heute vor 50 Jahren wurde er in Dallas ermordet. In der texanischen Ölmetropole wird es zum ersten Mal eine offizielle Gedenkfeier geben.

Autor/in:
Ronald Gerste
Unvergessen: JFK (dpa)
Unvergessen: JFK / ( dpa )

Dallas hat sich lange geweigert, ihr Image von der Bluttat des 22. November 1963 anzunehmen. In den übrigen USA gibt es ohnehin seit Monaten in den Buchhandlungen Sonderausgaben aller möglichen Zeitschriften mit Bildern von Kennedys kurzer, aber bewegter Amtszeit; das Fernsehprogramm quillt über von JFK-Dokumentationen. Zu seinem 50. Todestag ist Amerika erneut fasziniert von diesem Mann, und es fragt sich auch warum.

Während die Fachwissenschaft ihm auf den beliebten "Presidential Rankings" einen Mittelfeldplatz zuweist, gilt John F. Kennedy bei Umfragen unter der Bevölkerung als einer der ganz "großen" US-Präsidenten. Herausgehoben werden sein Charisma, seine geistreiche Schlagfertigkeit, aber auch - nach anfänglichen Rückschlägen wie der Schweinebucht-Affäre auf Kuba oder dem gescheiterten Gipfeltreffen mit dem sowjetischen Parteichef Nikola Chruschtschow - seine politischen Leistungen: Er unterstützte die Bürgerrechtsbewegung - wenn auch spät und in aller Entschlossenheit erst ab Sommer 1963. Und er fand einen Ausweg aus der wohl gefährlichsten Situation des Kalten Krieges: der Kuba-Krise mit den Sowjets, die auf der Karibikinsel Mittelstreckenraketen stationierten.

Das Ansehen von JFK blieb stets hoch - obwohl in den Jahren nach seinem Tod wenig sympathische Details aus seinem Privatleben an die Öffentlichkeit gelangten. Kennedys Ruf als "guter Katholik" haben seine fast pathologische Sexsucht, die zahlreichen Affären mit Schauspielerinnen, Praktikantinnen und Prostituierten kaum geschadet.

Schon in seiner Amtszeit war dieses nicht nur gegenüber seiner bewunderten Frau Jacqueline ("Jacky"), sondern letztlich auch aus Staatsräson verantwortungslose Verhalten einem engen Kreis bekannt.

Die Kirche scheint ihn kaum zur Besserung ermahnt zu haben. Einen Bruch mit ihm oder eine Beschädigung des ersten katholischen Präsidenten der USA hätten sich weder Rom noch irgendein US-Kardinal wünschen wollen. So feierte der Bostoner Kardinal Richard Cushing am 25. November 1963 in der katholischen St. Matthew's Cathedral in Washington vor Staatsgästen aus aller Welt, darunter auch Bundeskanzler Ludwig Erhard, die Totenmesse. Cushing hatte Kennedy und Jacky zehn Jahre zuvor getraut und ihre Kinder getauft. Sollte es je Dissonanzen zwischen den Kennedys und der katholischen Kirche gegeben haben - bis heute ist nichts davon bekanntgeworden.

Mit Kennedys Präsidentenwahl 1960 war eine politische Mauer durchbrochen. Viele Auguren hatten nicht geglaubt, dass die USA je einen Katholiken ins höchste Staatsamt wählen würden. Kennedy wurde zu einem Pionier, auf den über ein halbes Jahrhundert immer wieder verwiesen wurde. In seine Fußspuren traten der erste jüdische Vizepräsidentschaftskandidat Joe Lieberman (2000), der erste Mormone als Präsidentschaftskandidat, Mitt Romney (2012), und auch der erste schwarze US-Präsident, Barack Obama. Und wenn nun wieder bei den offiziellen Feierlichkeiten Politiker an das Leben und das Vermächtnis des John Fitzgerald Kennedy erinnern, wird sich dabei auch der Vizepräsident der USA zu Wort melden. Er heißt Joe Biden und ist Katholik - in aller Selbstverständlichkeit.


Quelle:
KNA