Nicht weniger als die Sorge um die Zukunft der Menschheit trieb sie um. Sie waren überzeugt: Bald werden die Grenzen des Wachstums erreicht sein, wenn der Mensch den Raubbau an der Natur fortsetzt. Das Raumschiff Erde muss in einer gemeinsamen Kraftanstrengung der Menschheit auf neuen Kurs gebracht werden.
Zusammentreffen von Vordenkern in Rom
Gigantische Erkenntnisse und herkulische Aufgaben führten Vordenker aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik im April des bewegten Jahres 1968 in Rom zusammen.
Treibende Kraft war Aurelio Peccei, ein Industrieller mit Charisma und Vision: als antifaschistischer Widerständler kämpfte er im Zweiten Weltkrieg unter Einsatz seines Lebens für eine bessere Welt.
Peccei war ein Topmanager mit Blick über den Tellerrand einseitigen Denkens, das bloß auf die Wachstumsraten der Wirtschaft starrt. Mit dem Chemiker Alexander King, einen Abteilungsleiter der OECD in Paris, lud er am 7. April rund 30 Fachleute zum globalen Brainstorming.
Gegen "selbstmörderische Ignoranz"
Aber gemeinsame Handlungsvorschläge kamen nicht zustande. Man einigte sich im kleinem Kreis - dem "Club of Rome" - auf eine globale Langzeit-Perspektive für die komplexen Probleme.
Im Rückblick resümierte Peccei: "Wenn der Club of Rome irgend ein Verdienst hat, dann ist es, dass er zuerst gegen die selbstmörderische Ignoranz der menschlichen Bedingungen aufbegehrte."
Die Kluft zwischen Arm und Reich in den Industriegesellschaften und in den Nord-Süd-Beziehungen sollten ausgeglichen, dem Raubbau an Ressourcen mit ökologischen Maßnahmen entgegengewirkt werden.
Prognosen zu Mentalitätswandel
Auch im Vatikan dachte man über Mentalitätswandel nach. In seiner Enzyklika Populorum Progressio (1967) warb Paul VI. für den Ausgleich zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. 1971 warnte der Papst vor dem Kollaps des überstrapazierten Weltsystems: "Infolge einer rücksichtslosen Ausbeutung der Natur" laufe der Mensch "Gefahr, sie zu zerstören und selbst Opfer... zu werden."
Der Club of Rome beauftragte ein Team von Forschern der berühmten Denkfabrik Massachusetts Institute of Technology (MIT). In einer damals neuartigen Computer-Simulation wurden Szenarien entworfen, Prognosen zu langfristigen Entwicklungen in komplexen Wechselwirkungen.
Das MIT-Team, koordiniert durch das Forscherpaar Dennis und Donella Meadows, legte 1972 seine Ergebnisse im millionenfachen Bestseller "Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit" vor.
"Menschheit am Wendepunkt"
Kern der Botschaft war: Wenn die gegenwärtigen Wachstumstrends anhalten, wird das überforderte Weltsystem an seine Grenzen stoßen. Aber das Buch enthielt auch eine optimistische Verheißung, die geeignet war, zur grünen Bibel der Umwelt- und Friedensbewegung zu werden: Wenn das ökonomische Wachstum durch eine nachhaltige Umweltpolitik ergänzt werde, gebe es die Chance einer zukunftsfähigen "ecological stability".
Die Grenzen des Wachstums regten zur weltweiten Debatte an. Befeuert wurde die Diskussion durch die Ölkrise. Der Club of Rome erhielt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
Er publizierte einen zweiten Bericht, den der deutsche Ingenieur und Ökonom Eduard Pestel gemeinsam mit einem US-Kollegen 1974 veröffentlichte: unter dem Titel "Menschheit am Wendepunkt" wurden konkrete Ziele ökologischer Politik empfohlen wie die Förderung von Sonnenenergie, statt sich auf die Risiken der Atomindustrie einzulassen.
Besinnung auf ethische Normen
Um die Politik zum Handeln zu bewegen, mussten sich Drohkulissen aufbauen: nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 wurden viele Umweltministerien gegründet, nach der Kernschmelze von Fukushima 2011 der Ausstieg aus der Atomenergie eingeleitet.
Mentalitätswandel braucht Zeit. In dem Update der "Grenzen des Wachstums" 2006 mahnte der Präsident des Club of Rome, der jordanische Prinz Hassan bin Talal, sich auf ethische Normen zu besinnen. Das letzte Buchkapitel ist einer humanistischen "Nächstenliebe" verpflichtet.
Auch in der Kirche steigt heute das ökologische Bewusstsein. So hat Papst Franziskus dem Thema Umwelt und Gerechtigkeit 2015 seine Enzyklika "Laudato si. Über die Sorge für das gemeinsame Haus" gewidmet.
Anselm Verbeek