Vor 400 Jahren wurde die Komponistin Isabella Leonarda geboren

Unter den Unbekannten die Bekannteste

Die Musik von Bach, Händel oder Vivaldi ist weltweit bekannt und wird in den großen Konzertsälen gespielt. Aber was ist mit der Musik von Komponistinnen des Barock?

Symbolbild Geige / © Aleksandar Grozdanovski (shutterstock)
Symbolbild Geige / © Aleksandar Grozdanovski ( shutterstock )

In den italienischen Frauenklöstern des 17. Jahrhunderts passierte etwas Aufregendes: Es kam zu einer Talentexplosion musizierender und komponierender Frauen wie zum Beispiel Isabella Leonarda (1620-1704), einer Nonne im oberitalienischen Novara. Junge Frauen mit einer besonderen musikalischen Begabung - besonders wenn sie aus wohlsituierten Familien mit einem hohen Bildungshintergrund stammten - hatten sogar die Wahl zwischen verschiedenen Elite-Klöstern, die als Zentren der Musik fungierten. Heute ist die Barockmusik komponierender Frauen fast unbekannt.

Die bekannteste unter den Unbekannten ist wahrscheinlich Isabella Leonarda, die vor 400 Jahren, am 6. September 1620, in eine adelige, wohlhabende Familie geboren wurde. 1636 trat sie in das Ursulinenkloster ein, wo sie ihr ganzes Leben verbrachte - gemeinsam mit ihren beiden Schwestern. Sie starb am 25. Februar 1704 nach fast 70 Jahren im Collegio di Sant'Orsola. Über ihr Leben ist nicht sehr viel bekannt; man weiß jedoch, dass sie im Kloster verschiedene Führungspositionen innehatte.

magistra musicae 

Als magistra musicae hat sie die Mitschwestern darin unterwiesen, Musik aufzuführen, wahrscheinlich auch die eigene. Klöster, in denen fantastisch singende oder komponierende Nonnen lebten, erfreuten sich großer Beliebtheit und hatten ein hohes soziales Ansehen in ihrer Umgebung. Das führte dazu, dass sie keine Probleme hatten, Wohltäter zu finden, was ihren Unterhalt sicherte, oder junge Frauen zu gewinnen, deren Begabungen in das Profil des Klosters passten.

Isabella Leonardas Werk umfasst rund 200 Kompositionen vor allem geistlicher Musik wie Messen, Motetten, Psalmenvertonungen oder
Magnificate. Ihre Sonaten im Opus 16 gehören zu den ersten Instrumentalwerken, die von einer Frau geschrieben wurden. Schon zu Lebzeiten wurde die Musik gedruckt, immer mit einer Widmung an die Gottesmutter und an eine hochgestellte Persönlichkeit versehen, und war damit öffentlich zugänglich.

In Frankreich gesammelt

Verschiedene ihrer Werke fanden den Weg nach Frankreich in den Besitz des Komponisten und Sammlers Sebastien de Brossard (1655-1730). Er nahm die Kompositionen der Novareser Nonne in seine Sammlung mit der Bemerkung auf: "All' die Kompositionen der berühmten und
unvergleichlichen Isabella Leonarda sind so schön, so anmutig, so brillant und gleichzeitig so gelehrt und weise, dass es mein größtes Bedauern ist, sie nicht alle zu besitzen."

Berühmt zu Lebzeiten und dann in Vergessenheit geraten - dieses Schicksal teilt Isabella Leonarda mit vielen anderen Komponistinnen. Musik, die in großen Konzerthallen der Welt erklingt, wurde in der Regel von Männern komponiert. Das internationale Onlineportal bachtrack.com hat für 2019 die zehn meistgespielten Komponisten ermittelt.

Wenig überraschend: Beethoven, Mozart und Bach finden sich auf den Spitzenpositionen. Die meist gespielte Frau war Clara Schumann, sie hat sich wegen ihres 200. Geburtstags im Jahr 2019 von Platz 94 auf 44 verbessert. Immerhin: Kleinere, auf Alte Musik spezialisierte Ensembles entdecken inzwischen Barbara Strozzi, Francesca Caccini oder auch Isabella Leonarda neu.

Christiane Laudage


Quelle:
KNA