Vor 40 Jahren brachte Johannes Paul II. Freiheit nach Polen

Ein Papstbesuch als Befreiungsschlag

1983 herrscht in Polen das Kriegsrecht des kommunistischen Regimes. Panzer rollen und jegliche Hoffnung auf Veränderung scheint zu ersticken. Doch als Papst Johannes Paul II. im Juni in sein Heimatland pilgert, wendet sich das Blatt.

Autor/in:
Marco Fetke
Papst Johannes Paul II. bei einem Gottesdienst in Breslau im Zuge seiner Reise vom 16. Juni bis zum 23. Juni 1983 nach Polen / © KNA-Bild (KNA)
Papst Johannes Paul II. bei einem Gottesdienst in Breslau im Zuge seiner Reise vom 16. Juni bis zum 23. Juni 1983 nach Polen / © KNA-Bild ( KNA )

Unter dem Motto "Friede, dir, Polen, mein Vaterland!" fand die zweite Pilgerreise des polnischen Papstes in seine Heimat fand vom 16. bis 23. Juni 1983 statt.

Begeisterung für den polnischen Papst im ganzen Land

Quer durch das Land und seine Wallfahrtsorte, über Tschenstochau bis nach Krakau, zog Johannes Paul II. nach Behördenschätzungen den Stationen seiner Pilgerfahrt bis zu 7 Millionen seiner Landsleute an.

Die Dunkelziffer dürfte laut der polnischen Katholischen Informationsagentur (KAI) wohlgemerkt noch höher sein, weil viele Polen "ihren" Papst zwischendrin auf seinem Weg begrüßten.

Papst Johannes Paul II. bei einer Fahrt mit dem Papamobil zur Weihe der neuen Kirche von Mistrzejowice in Nowa Huta am 22. Juni 1983 im Zuge seiner Pilgerreise nach Polen vom 16. bis zum 23. Juni 1983 / © KNA-Bild (KNA)
Papst Johannes Paul II. bei einer Fahrt mit dem Papamobil zur Weihe der neuen Kirche von Mistrzejowice in Nowa Huta am 22. Juni 1983 im Zuge seiner Pilgerreise nach Polen vom 16. bis zum 23. Juni 1983 / © KNA-Bild ( KNA )

Die Hoffnung, die Johannes Paul II. aus Rom mitbrachte, hatten die unter der Unterdrückung durch das kommunistische Regime leidenden Bürger des stark katholisch geprägten Landes nötig.

Schließlich herrschte noch das 1981 nach abermals vergeblichen Reformhoffnungen vom kommunistischen Regime verhängte Kriegsrecht.

Besuch aus Rom war Hoffnungsschimmer zwischen Panzern 

Die sozialistische Staatsgewalt unter General Wojciech Jaruzelski schlug Aufstände der oppositionellen Solidarność-Bewegung brutal nieder, Panzer rollten durch polnische Innenstädte und das Land wurde noch mehr isoliert, als ohnehin schon der Fall. 

Mit der Ankunft des Papstes änderte sich das ganz unmittelbar: Erstmals konnten Polen von der Miliz unbehelligt wieder das Wort "Solidarność" (Solidarität) rufen.

Beim Gespräch mit Jaruzelski – den er genauso traf wie den damaligen Oppositionsführer Lech Wałęsa – prangerte Johannes Paul II. die "rohe Härte" des Kriegsrechts an und bekräftigte dennoch seinen Glauben an positiven Wandel.

Papst Johannes Paul II. stellte ein Ende der Unfreiheit in Aussicht

Im Warschauer Stadion Dziesięciolecia (Stadion des zehnten Jahrestags) sprach er, in dieser dunklen Stunde des Landes, sogar von einer Aussicht auf Sieg.

Dabei zitierte Johannes Paul II. einen Ausspruch des polnischen Königs Johann Sobieski III. nach der – maßgeblich dank polnischer Hilfe gelungenen – Verteidigung Wiens gegen die Osmanen im Jahr 1683: "Venimus – vidimus – Deus vicit!" – "Wir sind gekommen – wir haben gesehen – Gott hat gesiegt!"

War das nicht ein Affront gegen die sozialistische Satellitenregierung Sowjetrusslands? Dem polnischen Kirchenhistoriker Andrzej Grajewski zufolge hatte Papst Johannes Paul II. erfolgreich eine Doppelstrategie gefahren.

Doppelstrategie zur Öffnung seines Heimatlandes

Einerseits habe er die Hoffnung der Öffentlichkeit gestillt, aber andererseits auch gesichtswahrenden Handlungsraum für den Staat geschaffen.

Gottesdienst auf der Pferderennbahn in Breslau mit mehreren hunderttausend Menschen während der Reise von Papst Johannes Paul II. vom 16. Juni bis zum 23. Juni 1983 nach Polen / © KNA-Bild (KNA)
Gottesdienst auf der Pferderennbahn in Breslau mit mehreren hunderttausend Menschen während der Reise von Papst Johannes Paul II. vom 16. Juni bis zum 23. Juni 1983 nach Polen / © KNA-Bild ( KNA )

Tatsächlich sollte die Regierung das Kriegsrecht bald, infolge der Pilgerreise des Papstes aufheben und die Unterdrückung im Land mäßigen, während die Opposition und die Gläubigen mit gestärktem Rücken in die letzten Jahre der Volksrepublik Polen gingen.

Gleichsam war die Reise alles andere als ein reines Polit-Spektakel, sondern auch ein großes Glaubensfest mit zahlreichen Gottesdiensten mit hohem Besucherandrang in Kirchen, städtischen Parks, Stadien und sogar einer Pferderennbahn.

So erinnerte der polnische Papst, der auch das Nationalheiligtum Jasna Góra zu seinem 600. Jubiläum besuchte, seine gläubigen Landsleute an wichtige Figuren der katholischen Kirche in Polen. 

Seligsprechungen polnischer Katholiken aus unfreien Zeiten

Diese sprach er sodann auch vor Ort selig. Zu den neuen Heiligen gehörten der im Konzentrationslager für seine Nächstenliebe ermordete Maximilian Kolbe sowie Ordensgründer und Maler Albert Chmielewski, der beim Januaraufstand gegen die russische Besatzung im Jahr 1863 ein Bein verlor.

Aber auch die "Unabhängigkeitsmutter" Ursula Ledóchowska, die in russischen oder russisch besetzten Gebieten inkognito – weil als katholische Ordensschwester verbotenerweise – Kinder hütete und unterrichtete und sich für Kriegsopfer und Oppositionelle einsetzte, sprach Papst Johannes Paul II. selig.

Quelle:
DR , KAI