Vor 300 Jahren kam Friedrich der Große zur Welt - mit seiner Toleranz war er seiner Zeit weit voraus

Die Religionen sind gleich

"Hier muss ein jeder nach seiner Fasson selig werden": Diese Forderung gehört zu den meistzitierten Äußerungen von Friedrich dem Großen. Mit seinem Appell zu religiöser Toleranz ist der prominente Preußen-König, dessen 300. Geburtstag nun gefeiert wird, auch heute aktuell.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
 (DR)

Weltweit nehmen fundamentalistische Tendenzen zu, engstirniger Fanatismus bedroht immer noch den Frieden. Ähnliche Erfahrungen prägten auch den am 24. Januar 1712 zur Welt gekommenen Friedrich II. zutiefst. Als er 1740 den preußischen Thron bestieg, war der 30-jährige Krieg (1618-1648) unvergessen. Der Streit der Konfessionen hatte den Anlass des Massenmordens gegeben und die Flammen immer wieder angefacht.



Die Glaubenskriege der Reformationszeit brachten bereits Friedrichs Vorgänger an der Spitze von Brandenburg-Preußen zur Einsicht. So bewies schon Kurfürst Johann Sigismund (1572-1620) religiöse Toleranz, als er 1613 mit seiner Hohenzollerndynastie zum Calvinismus übertrat. Seine Untertanen konnten Lutheraner bleiben, obwohl ihr Herrscher nach dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 das Recht hatte, sie zum Wechsel der Konfession zu zwingen.



Auch der "Große Kurfürst" Friedrich Wilhelm (1620-1680) und der "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. (1688-1740) hielten an dieser Toleranz gegenüber den verschiedenen evangelischen Konfessionen fest. Auch die noch sehr kleine Minderheit katholischer Zuwanderer, zumeist Soldaten und Arbeiter in Gewehrfabriken, konnte ihren Glauben ausüben.



"Alle Religionen sind gleich und gut"

Unter Friedrich II. stellte sich die Frage der religiösen Toleranz neu. Ursache war seine Expansionspolitik. Mit der Eroberung Schlesiens ab 1740 wuchs die Zahl katholischer Untertanen in Preußen enorm, ein weiteres Mal mit der Angliederung Westpreußens und des Ermlands nach der ersten polnischen Teilung 1772. In konfessioneller Hinsicht wurde Preußen nun multikulturell.



Vor allem das Wohl seines Landes ließ Friedrich am Grundsatz der religiösen Toleranz festhalten. Sie gereiche "dem Staat zum Glück" und erspare ihm Bürgerkriege. "Alle Religionen sind gleich und gut, ... und wenn Türken und Heiden kämen, um das Land zu besiedeln, dann würden wir ihnen Moscheen und Kirchen bauen", so seine geradezu modern anmutende Einstellung. Allerdings verweigerte er den Juden die volle bürgerliche Gleichberechtigung, zudem ließ der absolute Monarch an seinem Anspruch auf Oberhoheit über Religionsgemeinschaften keinen Zweifel.



Keine Sympathien für die katholische Kirche

Friedrichs Religionspolitik brachte ein Großprojekt demonstrativ zum Ausdruck, das mittlerweile zu den Wahrzeichen der Bundeshauptstadt gehört. Er ließ die Sankt Hedwigskirche erbauen, die der Patronin Schlesiens geweiht ist. Es war das erste repräsentative Gotteshaus der Berliner Katholiken seit der Reformation. Heute ist es die Kathedrale des Erzbistums Berlin. Für den Rundbau nach dem Vorbild des römischen Pantheons stellte Friedrich das Grundstück zur Verfügung, bei der Finanzierung zeigte er sich jedoch weniger großzügig. Dafür kamen vor allem Katholiken in Italien, Portugal und Spanien auf, wie der Berliner Kirchenhistoriker Michael Höhle betont.



Bei der Sankt Hedwigskirche werden die pragmatischen Motive von Friedrichs Verhältnis zu den Religionen besonders deutlich. Sympathien für die katholische Kirche lassen sich ihm nicht nachsagen. Er hielt ihren Kult "für den lächerlichsten von allen", wo seiner Meinung nach alle Religionen sowieso schon "auf einem mehr oder weniger widersinnigen System von Fabeln" beruhten. Als Kind seiner Zeit, der Epoche der Aufklärung, glaubte er allenfalls an einen sehr abstrakten Gott, der die Welt zusammenhält. Der religiösen Freiheit in Friedrichs Preußen tat dies aber keinen Abbruch in einer Zeit, in der Potentaten andernorts noch in die Bekenntnisse ihrer Untertanen hineinregierten.