Vor 30 Jahren wurde Johannes Paul II. auf Petri Stuhl gewählt

Der Papst aus einem "fernen Land"

Der Auftritt dauerte nicht mal zehn Minuten. Aber in diesen zehn Minuten eroberte der weitgehend unbekannte Krakauer Kardinal Karol Wojtyla die Herzen der Römer und der Welt: Heute vor 30 Jahren begann das Pontifikat Papst Johannes Paul II. Es dauerte 26 Jahre, 5 Monate und 18 Tage. 104 Auslandsreisen in alle Welt, 14 Enzykliken, unzählige Lehrschreiben und Apostolische Briefe; über 1.800 Selig- und Heiligsprechungen sollten folgen.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Unvergessen: Papst Johannes Paul II. (DR)
Unvergessen: Papst Johannes Paul II. / ( DR )

Um 18.18 Uhr am 16. Oktober 1978 gab Kardinal-Protodiakon Pericle Felici mit dem «Habemus papam» die erfolgreiche Papstwahl bekannt - und löste bei der wartenden Menschenmenge auf dem Petersplatz Überraschung, zunächst wohl auch manche Verwunderung aus. «Wohl ein Afrikaner», meinte ein Vatikan-Prälat zu seinem Nachbarn, als er den fremden Namen hörte.

Dann aber erschien der Neugewählte auf der Mittelloggia des Petersdoms. Er komme aus einem fernen Land, er habe Angst vor dem hohen Amt und er bitte um Gebet und Unterstützung, gestand er den zunächst verdutzten Römern in passablem Italienisch. Aber von Satz zu Satz löste sich die Spannung auf dem riesigen Platz. Und als Johannes Paul II. vor seinem ersten Segen «Urbi et orbi» auch noch um Hilfe und Berichtigung bat, falls er sich «in eurer - in unserer italienischen Sprache» nicht korrekt ausdrücke, kannte der Applaus keine Grenzen. «Viva il Papa» brauste es über den Platz. Der neue Papst war angekommen. Die Auftaktzeremonie von vor 30 Jahren gilt heute als Lehrbeispiel für einen Stimmungsumschwung.

Acht Wahlgänge, doppelt so viele wie 2005 bei Benedikt XVI., brauchten die Kardinäle im zweiten Konklave des Drei-Päpste-Jahres. Dann war der «Außenseiter» gewählt, der erste Nicht-Italiener seit 455 Jahren. Offenbar war kein italienischer Kardinal mehrheitsfähig; weder der konservative Giuseppe Siri noch der liberalere Giovanni Benelli konnten die erforderliche Mehrheit binden. Zudem dürften die 111 Wahlmänner nach dem überraschenden Tod des 33-Tage-Papstes Johannes Paul I. verstärkt bedacht haben, ob ein neuer Pontifex dem Amt auch körperlich und administrativ gewachsen sei.

Der 58 Jahre alte Pole Karol Wojtyla aus Krakau hatte schon beim Konzil in vorderer Reihe mitgearbeitet. Er besaß eine robuste Gesundheit, trieb Sport und war erprobt im täglichen Schlagabtausch mit kommunistischen Funktionären. Durch sein Studium in Rom konnte er Italienisch; er verfügte über Organisationstalent und konnte dank seiner Ausstrahlung mit den Medien wie mit den Massen umgehen. Das alles waren gute Voraussetzungen, den Kurienapparat zu lenken, die Kirche weltoffen zu leiten und ihr Ansehen zu fördern.

Schon das Pontifikats-Programm, das der neue Papst am Ende des Konklaves vortrug, enthielt die wesentlichen Elemente seiner
Amtszeit: Treue zum Konzil unter besonderer Berücksichtigung von Glaubensverbreitung und Ökumene, von Kirchenorganisation und -Disziplin. Das Glaubensgut müsse unversehrt bewahrt, die innere Einheit der Kirche geschützt und die Kollegialität gefördert werden - etwa durch die Bischofssynoden. Zudem sollte die Kirche ihren Beitrag zu Frieden, Fortschritt und Gerechtigkeit der Völker leisten.



Dieses Programm setzte Johannes Paul II. 26 Jahre, 5 Monate und 18 Tage lang um. Er unternahm 104 Auslandsreisen in alle Welt, schrieb 14 Enzykliken, unzählige Lehrschreiben und Apostolische Briefe; und er proklamierte mehr als 1.800 Selige und Heilige. Als erster Papst besuchte er eine Synagoge und lud zum interreligiösen Friedenstreffen nach Assisi. Ansehen erwarb er sich durch seine vielen Friedensmissionen. Das alles verschaffte der katholischen Kirche weltweit höchstes Ansehen und Respekt.

Auch nach seinem Tod am 2. April 2005 hielten Zuneigung und Verehrung für den Wojtyla-Papst an. «Santo subito» forderten spontane Sprechchöre und vorbereitete Transparente bei seiner Totenmesse. Benedikt XVI. griff das Drängen auf und verkürzte die Wartefrist des Seligsprechungsverfahrens. Der Prozess konnte sofort beginnen. Weitere Erleichterungen oder Abkürzungen gab es bislang aber nicht. Auch der geliebte Papst soll erst nach gründlicher Sichtung aller Dokumente und Zeugenaussagen zur Ehre der Altäre erhoben werden - wenn überprüft ist, dass auch wirklich kein Schatten auf der Heiligkeit liegt.