Vor 1.475 Jahren starb der Ordensgründer Benedikt von Nursia

Echter Heiliger oder Kunstfigur?

Viele feiern ihn als "Vater des Abendlands", ein Historiker dagegen hält ihn für eine Kunstfigur: Vor 1.475 Jahren starb der Überlieferung zufolge der Ordensgründer Benedikt von Nursia. Ein Blick zurück in der Kirchengeschichte.

Autor/in:
Michael Althaus
Statue des Benedikt von Nursia / © Darwin Brandis (shutterstock)
Statue des Benedikt von Nursia / © Darwin Brandis ( shutterstock )

Er gilt als Gründer des Benediktinerordens, wird in der katholischen, orthodoxen und armenischen Kirche als Heiliger verehrt und trägt seit einigen Jahrzehnten sogar den Titel "Patron Europas".

Am 21. März 547 starb Benedikt von Nursia - zumindest, wenn man der Überlieferung glaubt. Demnach wurde Benedikt um 480 als Sohn einer reichen Familia in Nursia, dem heutigen Norcia, etwa 150 Kilometer nördlich von Rom geboren. Seine Zwillingsschwester war die später ebenfalls als Heilige verehrte Scholastika.

Drei Jahre in Einsamkeit

Nach der Schulzeit schickten ihn seine Eltern zum Studium nach Rom. Doch der junge Mann war angewidert von der Dekadenz des dortigen Lebens. Nach kurzer Zeit gesellte sich Benedikt zu einer Gruppe von Einsiedlern, die in den Bergen wohnte. Als ihm auch das zu viel wurde, zog er sich in eine Höhle bei Subiaco, östlich von Rom, zurück. Drei Jahre lebte er dort in Einsamkeit.

Figur des heiligen Benedikt von Nursia im Benediktinerkloster Tabgha (Israel) / © Corinna Kern (KNA)
Figur des heiligen Benedikt von Nursia im Benediktinerkloster Tabgha (Israel) / © Corinna Kern ( KNA )

Viele Menschen kamen, um den Eremiten zu sehen. Als die Mönche eines nahegelegenen Klosters ihn baten, ihr Vorsteher zu werden, nahm er an und wollte das Leben der Gemeinschaft neu ordnen. Doch seine Strenge missfiel den Brüdern so sehr, dass sie versuchten, ihn mit vergiftetem Wein umzubringen.

Über die Ordensregel des Heiligen Benedikts

Der vielfach zitierte Grundsatz "Ora et labora" ("Bete und arbeite") geht im Wortlaut dagegen nicht auf den Ordensgründer selbst zurück. Er kam erst im Spätmittelalter auf und bringt gewissermaßen den Geist seiner Regel auf den Punkt. 

Benedikt kehrte wieder in die Gegend von Subiaco zurück und rief mehrere kleine Klöster ins Leben, in denen es erneut zu Konflikten kam. So zog er 529 mit einer kleinen Schar treuer Anhänger auf den 80 Kilometer südöstlich gelegenen Montecassino und gründete dort erneut ein Kloster, das bis heute als Keimzelle aller Benediktinerklöster gilt.

Für das Zusammenleben der Gemeinschaft schrieb er seine berühmte Ordensregel, die sich diesmal durch eine gemäßigte Strenge auszeichnete. Sie wurde im Lauf der Jahrhunderte von immer mehr Klöstern übernommen.

Weltweit 20.000 Mönche und Nonnen

Bei der einheimischen Bevölkerung war Benedikt sehr beliebt. Er verteilte Almosen und Nahrung an die Armen. Auch Heilungen und Totenerweckungen werden ihm zugeschrieben. Er starb, so erzählt es die Legende, am 21. März 547, einem Gründonnerstag, in Montecassino - während er stehend am Altar der Klosterkirche betet.

Bis heute berufen sich zahlreiche christliche Klöster und Gemeinschaften auf den Heiligen und die ihm zugeschriebene Ordensregel. Weltweit zählen die Benediktiner inzwischen rund 7.500 Mönche sowie rund 13.000 Nonnen und Schwestern. Daneben gibt es zahlreiche weitere Klöster und Gemeinschaften, die nach der Regel Benedikts leben.

Benediktinerorden

Die Benediktiner sind die älteste heute noch bestehende klösterliche Bewegung der katholischen Kirche im Westen. Der Orden geht zurück auf die Regel des heiligen Benedikt von Nursia (480-547). In seiner heutigen Form wurde er 1893 von Papst Leo XIII. (1878-1903) gebildet. Als benediktinisch im weiteren Sinne gelten alle Ordensgemeinschaften, die nach der Regel Benedikts leben, etwa Zisterzienser und Trappisten.

Ein Benediktiner geht durch einen Klosterflur / © Simon Koy (KNA)
Ein Benediktiner geht durch einen Klosterflur / © Simon Koy ( KNA )

Er fordert darin etwa den Verzicht der Mönche auf Eigentum, Schweigen, Demut, Keuschheit und Gehorsam. Wesentlich sind auch der Grundsatz der Ortsbeständigkeit und die herausgehobene Stellung des Abtes. Der vielfach zitierte Grundsatz "Ora et labora" ("Bete und arbeite") geht im Wortlaut dagegen nicht auf den Ordensgründer selbst zurück.

Er kam erst im Spätmittelalter auf und bringt gewissermaßen den Geist seiner Regel auf den Punkt. Im gesellschaftlichen Leben fand vor allem Benedikts Prinzip des Maßhaltens Anerkennung. So wird seine Regel heute etwa auch in Bestsellern als Richtschnur für intelligentes Wirtschaften propagiert.

Symbolisch stilisiert?

Bei der Wiedereinweihung der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Abtei Montecassino 1964 erhob Papst Paul VI. Benedikt zum Patron Europas. In jüngster Zeit trug mit Benedikt XVI. zum wiederholten Male ein Papst den Namen des Ordensgründers, der übersetzt "der Gesegnete" bedeutet.

Einziges Zeugnis von Benedikts Leben sind die "Dialoge - verfasst im Jahr 590 von Papst Gregor dem Großen, der selbst nach der Benediktsregel lebte. Weil es darüber hinaus keine Quellen gibt, hält der Historiker Johannes Fried den gefeierten Heiligen für "eine Art Kunstfigur, an die man sich wie an eine historische Gestalt erinnert". Gregors Lebensbeschreibung habe mit einer herkömmlichen Heiligenvita nichts zu tun, sagte er 2010 in einem Interview.

Die Geschichte sei in der "Sprache des Mythos" verfasst und eher "symbolisch stilisiert" , so Fried, der bis 2000 Vorsitzender des deutschen Historikerverbands war und als einer der führenden Mittelalterhistoriker Deutschlands gilt. Viele seiner Kollegen bestritten die These jedoch heftig und hielten an der Existenz Benedikts fest.

Quelle:
KNA