Der britische Archäologe Howard Carter ist in die Geschichte eingegangen, denn er hat das Grab des Pharaos Tutanchamun entdeckt und ausgegraben. Doch ohne Lord Carnarvon wäre Carter als verkrachte Existenz geendet. Denn der britische Adelige hatte das Geld für die Ausgrabungen im ägyptischen Tal der Könige bereitgestellt. Nach einigen Jahren ohne Erfolg hatte sich Carnarvon überreden lassen, noch eine weitere, letzte Ausgrabungssaison im heutigen Luxor zu finanzieren - mit Erfolg.
Im November 1922 entdeckte Carter dann das Grab des früh gestorbenen Pharaos Tutanchamun, dessen Schätze bis heute die Menschen faszinieren. Die Entdeckung des Pharaonengrabs sorgte weltweit für Aufsehen - wie auch der Tod von Lord Carnarvon nur wenige Monate später. War es der Fluch des Pharaos, weil seine Totenruhe gestört wurde? Eine rachsüchtige Mumie?
Die Spekulationen liefen heiß. Wer sie ganz besonders befeuerte, war Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930), seines Zeichens britischer Schriftsteller und Erfinder des ewig populären Detektivs Sherlock Holmes.
Wahre Todesursache
Die Wahrheit war viel langweiliger. Carnarvon wurde von einem Moskito gestochen. Nachdem sich die Stichstelle durch einen Schnitt beim Rasieren entzündete, folgte eine Blutvergiftung, dann eine Lungenentzündung. Damals gab es noch keine Antibiotika, die hätten helfen können.
Ohne die spektakuläre Entdeckung des Grabes von Tutanchamun wäre Lord Carnarvon heute völlig vergessen, obwohl sein Familiensitz mittlerweile so bekannt ist wie der Pharao. Denn Highclere Castle bei Newbury, 85 Kilometer nördlich von London, ist weltweit bekannt als "Downton Abbey".
Weil im Keller von Highclere Castle die ägyptische Sammlung von Lord Carnarvon ausgestellt wird, mussten die Dreharbeiten für die Szenen im Dienstbotentrakt in ein Studio in London verlegt werden. Tatsächlich ähnelt das Leben von Lord Carnarvon der Handlung von "Downton Abbey". Geboren 1866 in eine adelige Familie, leistete sich der zukünftige fünfte Earl ein teueres Hobby, die Zucht von Rennpferden.
Und einen Familiensitz wie Highclere Castle zu unterhalten, stellte sich als weitere Herausforderung für die Finanzen der Familie dar. Der einzige standesgemäße Ausweg: eine reiche Heirat.
Vorbild für Figuren aus "Downton Abbey"
Die junge Almina Wombwell (1876-1969) war die Lösung für die finanziellen Probleme von Lord Carnarvon. Damaligen Gerüchten zufolge war sie eine illegitime Tochter von Alfred de Rothschild aus der gleichnamigen Bankiersfamilie, der sie mit einer reichen Mitgift ausstattete und zusätzlich die aufgelaufenen Schulden von Carnarvon bezahlte. Tatsächlich ist Lady Almina das Vorbild für Lady Cora Crawley in "Downton Abbey".
Die jetzige Schlossherrin Lady Fiona hat nach dem riesigen Erfolg der Serie die Lebensgeschichte ihrer Vorgängerin in einem Buch aufgearbeitet. Nicht ohne Grund, denn die anhaltende Popularität von "Downton Abbey" trägt wesentlich zum Unterhalt von Highclere Castle bei wie einstmals das Vermögen von Lady Almina.
Das Geld ermöglichte dem adeligen Ehepaar ein angenehmes Leben jenseits aller finanziellen Sorgen. Dazu gehörten Aufenthalte in Ägypten während des Winters. Wie viele andere Besucher auch begann Lord Carnarvon, sich für die Ausgrabungen zu interessieren und kaufte Antiquitäten, die jetzt in Highclere Castle zu sehen sind.
Archäologischer Erfolg erst nach vielen Jahren
1907 engagierte er den mittellosen, aber begabten Howard Carter für Ausgrabungen in Deir el-Bahri, wo heutige Besucher den berühmten Hatschepsut-Tempel bewundern. 1914 erhielt er die begehrte Erlaubnis, im Tal der Könige Ausgrabungen vornehmen zu lassen. 1922 wurden Carnarvon und Carter nach langen Jahren ohne nennenswerten Erfolg fündig.
Es besteht Grund zur Annahme, dass Howard Carter, Lord Carnarvon und seine Tochter Lady Evelyn am Abend vor der offiziellen Öffnung schon heimlich im Grab waren und einige kleinere Teile mitgenommen haben. Ob das den Zorn des Pharaos geweckt hat? Offensichtlich nicht, denn sowohl Carter wie auch Lady Evelyn haben diese Aktion lange überlebt.
Nachdem Highclere Castle als "Downton Abbey" populär wurde, fand der Enkel von Lord Carnarvon Eingang in eine andere ebenfalls weltweit beliebte Serie, nämlich "The Crown". Bekannt unter dem Spitznamen Porchie war er im echten Leben rund 30 Jahre lang Manager der Gestüte der verstorbenen Königin Elizabeth II. und ihr persönlicher Freund. Die Queen war die Taufpatin des aktuellen Lord Carnarvon, sie hat gerne Highclere Castle besucht und soll ein Fan von "Downton Abbey" gewesen sein - wie auch ihre Schwiegertochter Camilla, die jetzige Königin.