Experte Katsch fordert Stärkung der Selbsthilfe von Missbrauch-Betroffenen

Von praktischer Hilfe bis zum "Opfergenesungswerk"

Es geht um Fahrtkostenerstattung, sichere Kommunikation – aber auch um Therapie und Beratung: Der Missbrauchsexperte Matthias Katsch wünscht sich von der Kirche mehr davon. Auch an die Politik hat er größere Erwartungen.

Matthias Katsch / © Julia Steinbrecht (KNA)
Matthias Katsch / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Die Selbsthilfearbeit der Betroffenen von Missbrauchstaten muss nach Worten des Sprechers der Opfer-Initiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, gestärkt werden. Gremien wie Betroffenenbeiräte reichten nicht aus, wenn diejenigen zu "Akteuren ihres Schicksals" werden sollten, schreibt er in einem Gastbeitrag in der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Donnerstag). "Das ist notwendig, damit sie in Aufarbeitungskommissionen, in Beiräten und Forschungsprojekten einen angemessenen Beitrag leisten können."

Die Kirche "könnte und müsste einen substanziellen Beitrag leisten", damit entsprechende Gruppen und Vereine sich organisieren könnten, fordert Katsch. Bei der "Unterstützung zur Selbstorganisation, zur Selbsthilfe, zum Austausch und zur Vernetzung" gehe es um praktische Dinge wie Fahrtkostenerstattung, aber auch etwa um sichere Kommunikationsmöglichkeiten im Internet.

Katsch: "Opfergenesungswerk" sinnvoll

Sinnvoll wäre aus Sicht des Experten ein "Opfergenesungswerk". "So wie die katholische Kirche kürzlich ein Institut für die Aufarbeitung gegründet hat als Kompetenzort für das Thema, braucht es eine solche Einrichtung, die Betroffenen die beste mögliche Therapie und Beratung vermittelt, die Wissen bündelt, Fortbildungen für Therapeuten und Berater bietet, Räume schafft, wo Opfer sich nicht lange erklären müssen, um Unterstützung zu finden. Und es muss das Spezifikum sexueller Gewalt im Kontext von Glaube und Religion berücksichtigt werden." Eine solche Einrichtung könnte "auch international ausstrahlen und beispielgebend sein", so Katsch.

Die Politik müsse eine stärker moderierende Rolle übernehmen. Sie sollte "einen Rahmen schaffen, wie die unterschiedlichen Erwartungen und Vorstellungen über eine angemessene Entschädigung für das institutionelle Versagen im Leben der Opfer aussehen kann", schreibt Katsch.

Die Betroffenen warteten auf eine konkrete Umsetzung jener Empfehlungen, die die Bischöfe vor einem Jahr vorgestellt hatten. Wenn Politik und Kirche gemeinsam Lösungen fänden, könnten diese "vorbildhaft sein und zur Verbesserung der sozialen Regelsysteme beitragen".


Quelle:
KNA
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