Von frommen Werken und krummen Dingern

Zur Geschichte der Vatikanbank

Vor 75 Jahren wurde mitten im Zweiten Weltkrieg die "Vatikanbank" gegründet. Das "Istituto per le Opere di Religione" ("Institut für die religiösen Werke") wurde auch mit Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Zusammenhang gebracht. Einige Eckdaten zur Geschichte:

Hauptsitz der Vatikanbank  / © Romano Siciliani (KNA)
Hauptsitz der Vatikanbank / © Romano Siciliani ( KNA )

1870: Italienische Truppen besetzen Rom. Dieser Schritt leitet das Ende des Kirchenstaates ein und damit des territorialen Besitzes der Päpste.

1887: Papst Leo XIII. ruft die "Commissione Cardinalizia ad pias causas" ins Leben. Das später mehrfach umbenannte Gremium gilt als Vorläufer der Vatikanbank. Es soll die aus Testamenten, Schenkungen und Stiftungen an den Papst fließenden Gelder verwalten und für "fromme Zwecke" nutzbar machen.

1929: In den Lateranverträgen gibt der Heilige Stuhl alle Ansprüche auf den alten Kirchenstaat auf. Im Gegenzug erhält er eine Entschädigung in Höhe von 1,75 Milliarden Lire.

1942: Papst Pius XII. gründet am 27. Juni das "Institut für die religiösen Werke" (IOR). Erklärtes Ziel ist die Sicherung und Verwaltung von Geldern kirchlicher Stiftungen. Ein weiteres Motiv ist die Verwaltung der aus den Lateranverträgen resultierenden Entschädigungszahlungen. Das Institut untersteht weder dem Heiligen Stuhl noch dem Vatikanstaat, sondern direkt dem Papst als Alleineigentümer.

1971: Papst Paul VI. macht den litauischstämmigen US-Priester Paul Casimir Marcinkus zum Leiter des IOR. Unter seiner Ägide kommt das Institut wegen undurchsichtiger Finanzgeschäfte in die Schlagzeilen.

1975: Zusammenbruch des Bankenkonsortiums um den mutmaßlichen Mafia-Geldwäscher Michele Sindona. Als Anteilseigner verliert das IOR rund 50 Millionen US-Dollar.

1982: Zusammenbruch des Mailänder Bankhauses Banco Ambrosiano. Dessen ehemaliger Leiter Roberto Calvi (62) wird am 18. Juni erhängt unter der Londoner Blackfriars Bridge gefunden. Der Vatikan, der bei der Bank Konten unterhält, gerät in einen Strudel von Spekulationen. Viele Fragen sind bis heute offen.

1984: Nach dem Skandal verneint der Vatikan jegliche Mitschuld, zahlt aber als Anteilseigner an 1,6 Prozent des Aktienkapitals des Banco Ambrosiano den Gläubigerbanken rund 240 Millionen US-Dollar Entschädigung.

1987: Italien stellt einen internationalen Haftbefehl gegen Marcinkus und zwei weitere IOR-Banker aus. Diese entziehen sich im Vatikan dem Zugriff der Justiz, bis der Haftbefehl nach diplomatischen Verhandlungen aufgehoben wird.

1989: Kurienerzbischof Marcinkus tritt nach 18 Dienstjahren als IOR-Präsident in den Ruhestand. 1991 zieht er als Seelsorger nach Sun City in Arizona, wo er 2006 stirbt.

1990: Papst Johannes Paul II., der das IOR für Überweisungen an die polnische Opposition nutzte, reformiert das Institut. Es soll nun nach internationalen Regeln arbeiten und erstmals Rechenschaftsberichte vorlegen. Das neue Statut sieht eine Kontrolle durch fünf internationale Finanzexperten vor. Ein aus fünf Kardinälen bestehendes Gremium kontrolliert diesen Aufsichtsrat.

1995: Das Schweizer Treuhandbüro "Revisuisse" überprüft den Rechenschaftsbericht des IOR und findet keinen Hinweis auf Unregelmäßigkeiten.

2009: Auf Vorschlag von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone ernennt Benedikt XVI. den italienischen Bankier Ettore Gotti Tedeschi zum Leiter des IOR. Er kündigt eine weitere Reform des Instituts an.

2010: Die italienische Staatsanwaltschaft friert bei der italienischen Bank Credito Artigiano 23 Millionen Euro auf einem Konto ein, das vom IOR genutzt wurde, und ermittelt gegen Gotti Tedeschi. Grund sind mutmaßliche Verstöße gegen EU-Transparenzregeln. Der Vatikan weist den Vorwurf der Geldwäsche zurück.

Benedikt XVI. ordnet am 30. Dezember die Regeln für Finanzgeschäfte im Vatikan durch päpstliches Dekret und passt sie den EU-Richtlinien an. Er richtet das Kontrollgremium AIF ein, das außer dem IOR auch die Vermögensangelegenheiten anderer Vatikan-Institutionen wie der vatikanischen Güterverwaltung APSA kontrollieren soll.

2011: Der Europarat nimmt am 6. April den Vatikan auf dessen Anfrage in das Prüfverfahren "Moneyval" auf, das die Einhaltung von Normen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung überwacht. Der Vatikan erklärt am 26. November, dass eine solche Evaluierung stattfindet.

2012: Der Vatikan erscheint im März in einem Bericht des US-Außenministeriums auf einer Liste der Staaten, die wegen Verdachts auf Geldwäsche beobachtet werden. Der Vatikan erklärt, dies sei Teil der Bemühungen des Heiligen Stuhls um vollständige Transparenz. Der IOR-Aufsichtsrat entzieht am 24. Mai dem Vorsitzenden Ettore Gotti Tedeschi das Vertrauen. Grund sei Pflichtverletzung. Der Kardinalsrat entlässt ihn am 2. Juni.

2013: Die Vatikanbank veröffentlicht erstmals ihren Jahresbericht.

2014: Papst Franziskus teilt im April mit, an der Vatikanbank festhalten zu wollen. Neuer Chef der Vatikanbank wird am 9. Juli der Franzose Jean-Baptiste de Franssu. Er löst den Deutschen Ernst von Freyberg ab, der tiefgreifende Reformen einleitete.

2017: Ein italienisches Gericht verurteilt zwei ehemalige Führungskräfte der Vatikanbank wegen Verstoßes gegen Anti-Geldwäsche-Vorschriften.


Quelle:
KNA