Von der Leyen trifft sich mit den Ministerpräsidenten der Länder

Was wird aus den Jobcentern?

Für Sonntag hat Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen die Ministerpräsidenten der Länder nach Berlin eingeladen, um mit der Reform der Jobcenter einen Schritt weiterzukommen. Es geht um die Betreuung von 6,75 Millionen Menschen, die Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld beziehen. Durch Hessens Veto gegen von der Leyens Pläne ist eine neue Lage entstanden.

Autor/in:
Bettina Markmeyer
 (DR)

Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart, geht es nun erneut um eine Mehrheit für eine Grundgesetzänderung. Bis zum Jahresende müssen die Aufgaben von Kommunen und Arbeitsagenturen in den Jobcentern getrennt werden. So will es das Bundesverfassungsgericht. Die Karlsruher Richter hatten 2007 entschieden, dass die gegenwärtige Mischverwaltung verfassungswidrig ist. Der Bürger müsse wissen, von welcher Behörde er welche Leistungen bekomme. Das Gericht will aber nicht, dass Arbeitslosengeld-II-Empfänger schlechter betreut werden.

Länger als zwei Jahre schon findet die Politik auf dieses Urteil keine Antwort. Von der Leyen sucht nach einem pragmatischen Ausweg aus der verfahrenen Lage. Sie legte zwei Gesetzentwürfe und Musterverträge vor. Danach sollen die Jobcenter ab 2011 freiwillig zusammenarbeiten. Die Arbeitslosen bekämen aber wieder zwei Bescheide: einen über ihr Arbeitslosengeld II von der Arbeitsagentur und einen über die Warmmiete von der Kommune.

Seit dieser Woche ist wieder alles anders
Von der Leyen argumentierte, seit dem Regierungswechsel fehle eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat, mit der man die Jobcenter und die Optionskommunen verfassungsrechtlich absichern könnte. Außerdem sei eine Grundgesetzänderung schon in der großen Koalition gescheitert.

Seit dieser Woche ist wieder alles anders: Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat erklärt, Hessen werde nichts anderem zustimmen als einer Grundgesetzänderung, die den Ländern und Kommunen mehr Spielraum bei der Betreuung der Langzeitarbeitslosen gibt - also das bisher rechtlich wacklige Modell der Optionskommunen in der Verfassung absichert.

Die 69 sogenannten Optionskommen sind 63 Kreise und sechs Städte, die die Möglichkeit (Option) nutzen, die Langzeitarbeitslosen in eigener Regie zu betreuen. Rechtlich ist das Optionsmodell eine befristete Ausnahmeregelung. Politisch ist es der Zankapfel der Hartz-IV-Reform. Kochs Angebot an die SPD, deren Zustimmung er braucht, wird sein, auch die Jobcenter mitsamt ihrer Mischverwaltung im Grundgesetz zu verankern. Genau das aber hatte die Union in der vorigen Legislaturperiode verhindert.

Zustimmung der SPD
Die SPD signalisierte inzwischen Zustimmung zur einer moderaten Ausweitung der Optionskommunen. "Über eine moderate Erweiterung können wir mit der Union reden", sagte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil der "Saarbrücker Zeitung" (Donnerstagsausgabe). Bisher wollten die Sozialdemokraten eine Verfassungsänderung nur, um die Jobcenter in ihrer bisherigen Form erhalten zu können.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und Nordrhein-Westfalen, die Stadt Hamburg und die Unionsfraktion im Bundestag wollen wie Koch ebenfalls mehr Optionskommunen. Dem Landkreistag zufolge will auch eine Mehrheit der Kreise die Arbeitsverwaltung auf die kommunale Ebene holen. Der Städtetag setzt hingegen auf die gemeinsame Betreuung der Langzeitarbeitslosen durch Arbeitsagenturen und Kommunen.

Um dem Drängen aus den eigenen Reihen nach mehr Optionskommunen einen Riegel vorzuschieben und ihren Weg abzusichern, hatte von der Leyen sich vor einer Woche bei ihren CDU-Ministerkollegen Thomas de Maizière (Inneres) und Wolfgang Schäuble (Finanzen) Verstärkung geholt. In einem Brief an die Koalitionsfraktionen von Union und FDP machte das Trio deutlich, dass es bei 69 Optionskommunen bleiben soll. Schon deren Existenz bedeute, rechtlich gesehen, einen "gespaltenen Gesetzesvollzug". Weiter könne man nicht gehen.

Offenbar hat sich die Arbeitsministerin verschätzt. Koch, der schon zu Zeiten der Sozialhilfe mit dem US-Modell einer Arbeitspflicht, Stichwort "Wisconsin", von sich reden machte, will unbedingt den Einfluss der Länder und Kommunen auf die Hartz-IV-Verwaltung stärken. Er hat nun einen härteren Gang eingelegt.