Vom Katholischsein in der schwedischen Diaspora

Die drei Leben des Johannes

Von der Diaspora-Situation der Katholiken in Schweden wollen sich ab Ostermontag Vertreter der Kirche aus Deutschland ein Bild machen. An der sechstägigen Visite nehmen Bischöfe und Bonifatiuswerk teil.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

Unter anderen der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick und der Görlitzer Bischof Konrad Zdarsa sowie die Spitze des Bonifatiuswerks sind dabei. Das Hilfswerk fördert die Diaspora-Seelsorge und ist Mitveranstalter der Reise.

Katholisch in Kiruna
Nordlicht, Ordensmann, Reiseleiter: Wer bei Johannes Lindell zu Gast ist, nimmt jede Menge Anekdoten mit nach Hause. Es ist, als ob in seiner Drei-Zimmer-Wohnung die halbe Welt Platz gefunden habe. Und das in Kiruna, der nördlichsten Stadt Schwedens, rund 200 Kilometer jenseits des Polarkreises. Hier ist "Bruder Johannes" als Jan Ove Lindell geboren. Und hier kümmert sich der 71-Jährige um die katholische Gemeinde. Rund 30 Köpfe zählt sie und gehört damit zu einer Minderheit in der schwedischen Gesellschaft, die von der evangelisch-lutherischen Kirche dominiert wird.

Ein Abstecher nach Kiruna steht nicht auf dem Programm. Aber trotzdem ist die Geschichte von Bruder Johannes beispielhaft für das katholische Leben in Skandinavien. Seine Familie ist protestantisch geprägt. Der Großvater kam mit Gründung der Stadt von Südschweden nach Lappland. Die Geschichte Kirunas beginnt Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Bau einer Eisenbahnlinie. Die 1903 fertiggestellte "Malmbanan" ermöglicht seither den Abbau und den Transport der reichen Erzvorkommen in der Region. Davon lebt heute immer noch ungefähr jeder Siebte der 25.000 Einwohner Kirunas.

Als Pfadfinder in Deutschland
Der junge Jan Ove zog es zunächst einmal vor, in die Ferne zu schweifen. Als Pfadfinder knüpfte Lindell Kontakte zu einer deutschen Familie in Dortmund. Der erste Besuch im Kohle- und Stahlrevier nur wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs geriet für den Sohn eines Bergarbeiters zwar nicht zu einem Kulturschock. Aber eine Sache fand der Gast dennoch bemerkenswert: "Die waren alle katholisch." Was in der schwedischen Heimat Exotencharakter hatte, gehörte hier ganz offenbar zum Alltag.

In der Folgezeit blieben die Beziehungen zu Deutschland bestehen. Und der religiös interessierte Protestant nahm immer öfter die Gelegenheit wahr, sich über den katholischen Glauben zu informieren. Ausgerechnet die Bischofsstadt Paderborn, Sitz des Bonifatiuswerks, wurde zu Lindells Lieblingsort, der neugierige Blick in ein dortiges Franziskanerkloster zu "meinem ersten Schritt über die Schwelle", wie er im Rückblick sagt.

Trotzdem: Erst 1981, nachdem Jan Ove schon zuvor entschieden hatte, nach der Ordensregel des heiligen Benedikt zu leben, sollte der Wechsel der Konfession erfolgen. Eine Entscheidung, die er nach eigenen Angaben nie bereute. Obwohl es in Schweden keine ausgeprägte katholische Identität gebe und die konfessionellen Unterschiede im Alltag nur eine geringe Rolle spielten. Ihn habe die Tradition begeistert, die klaren Botschaften des kirchlichen Lehramtes, sagt Bruder Johannes.

Hilfe für Flüchtlinge aus dem Irak
Hinter dem sprachgewandten Erzähler und aufgeschlossenen Gastgeber steckt ein Mann mit Prinzipien, konservativ und engagiert zugleich. Seit den 1980er Jahren ist Lindell in der Betreuung politisch Verfolgter aktiv. Auch für einige der rund 300 Asylanten Kirunas ist seine Wohnung in der Bergmästeregatan eine feste Anlaufstelle. So können christliche Flüchtlinge aus dem Irak bei einer Tasse türkischen Tees den Termin für den nächsten katholischen Gottesdienst erfahren.

Dieser findet einmal im Monat wenige Schritte entfernt, im Gebäude der Heilsarmee, statt. Zu mehr reicht die Zeit von Pfarrer Gene Dyer aus dem 350 Kilometer weiter südlich liegenden Lulea nicht. Schließlich hat er ein Gebiet von der Größe der halben Schweiz zu betreuen. Ein Grund, weswegen der aus den USA stammende Seelsorger gerne auf die Unterstützung von Bruder Johannes zurückgreift, etwa für den Druck von Liedzetteln oder bei der Organisation eines "Kirchencafe". Wenn es die Zeit erlaubt, führt der "(Un-)Ruheständler" Reisegruppen durch seine nordschwedische Heimat.
Um sie mit dem Leben im nördlichsten Winkel Europas bekannt zu machen.