Vivaldis populäre Gloria-Vertonung in der Vorstellung

"Et in terra pax"

Das Gloria in D-Dur RV 589 vertont den zweiten Teil der Katholischen Messe, steht aber für sich und ist nicht Bestandteil einer kompletten Messkomposition.

 (DR)

Antonio Vivaldi komponierte es vor dreihundert Jahren in Venedig. In 12 Einzelsätze teilt Vivaldi den Text des Gloria ein und wechselt pro Satz Besetzung, Taktart und Charakter der Musik. 1715 war Vivaldi vor allem als Violinlehrer am Ospedale della Pieta tätig - das war eines von vier Mädchenwaisenhäusern der Lagunenstadt. Die Mädchen dort erhielten alle eine musikalische Ausbildung. Die überdurchschnittlich begabten wurden außerdem durch besonderen Gesangs- oder Instrumentalunterricht gefördert. Die Konzerte und Gottesdienste des Ospedale hatten einen hervorragenden Ruf und wurden zu einem wahren gesellschaftlichen Ereignis, so hervorragend waren die musikalischen Darbietungen der Mädchen. Daran hatte Vivaldi mit seinen schwungvollen Kompositionen durchaus seinen Anteil.

Heute ist der Venezianer durch seine Orchesterkompositionen, den Solokonzerten und Concerti grosso bekannt. Vor allem die Konzertsammlung „Die vier Jahreszeiten“ ist bis heute ungebrochen populär. Dennoch schrieb er für seine Tätigkeit am Ospedale della Pieta als katholisches Waisenhaus natürlich auch geistliche Werke. Etwa 50 dieser Kompositionen lassen sich heute nachweisen.

Schon als Jugendlicher war Vivaldi mit der Kirchenmusik an der bedeutenden San Marco-Basilika in Venedig in Berührung gekommen, denn sein Vater war Mitglied im traditionsreichen Orchester an der Kathedrale. Vermutlich half Antonio als begabter junger Geiger gelegentlich selbst in dem Klangkörper aus.

Trotz dieser großen musikalischen Begabung schlug Vivaldi zunächst einen anderen Weg ein und ließ sich zum katholischen Priester weihen. Der rote Priester wurde er scherzhaft genannt aufgrund seiner Haarfarbe. Viel zum Messelesen kam er aber nicht, er erhielt davon eine Befreiung, weil sein Asthma ihn angeblich zu sehr beeinträchtigte. So lebte er doch das Leben eines Profi-Musikers, der für die Oper ebenso schrieb wie für das Ospedale in Venedig, und der für sein virtuoses Geigenspiel bewundert und verehrt wurde.

Auch wenn das Gloria in D-Dur viele schwungvolle Momente beinhaltet, schafft Vivaldi in der Komposition auch Momente voller Innerlichkeit. Vom Charakter ist das Gloria ein Lobpreis auf Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Und auch wenn darin Gott als Herrscher über das All bezeichnet wird, so geht es auch um Jesus Christus, der als Lamm Gottes für die Sünden der Menschen gestorben ist.  Sein Leiden am Kreuz fasst Vivaldi beeindruckend in Musik. Das entsprechende Klagelied der Alt-Solostimme wird sekundiert vom Chor, der wie zur Bestätigung in den Trauergesang hinzutritt.

In 12 Einzelsätze teilt Vivaldi den Text des Gloria ein und wechselt pro Satz Besetzung, Taktart und Charakter der Musik. Den schwungvollen Charakter des Anfangs greift er in den beiden letzten Sätzen erneut auf und sorgt so für einen geschlossenen Eindruck des Werkes.

Bis heute ist nicht gesichert, ob Vivaldi das Werk wirklich für seine Tätigkeit am Ospedale komponiert hat. Mehrere Indizien sprechen dafür. Insgesamt existieren drei Vertonungen des Textes von Vivaldi, wobei diese Fassung die bekannteste und gleichzeitig beliebteste ist.

Die übliche Besetzung ist gemischter Chor, zwei Solo-Soprani, ein Solo-Alt, Generalbass, Streicher, Trompeten und Oboe. Vor allem diesem Werk ist es zu verdanken, dass in Vivaldi heute mehr als nur der Komponist von eingängigen Violinkonzerten gesehen wird.

 

(Erstsendung: 27.09.2015, Wiederholung am 04.09.2016)