Viola odorata

Und lass mir an dem Bache die kleinen Veilchen blühn!

Der Wonnemonat Mai hat begonnen. Mit all seinen Feiertagen, seinem Blütenduft und den endlich warmen Tagen. Und mit den Veilchen unten am Bache. Der Mai ist der Liebesmonat schlechthin und gerade das süßduftende Veilchen hat als Pflanze der Liebe eine lange Tradition.

 (DR)

Die Griechen besaßen sogar eigene Veilchengärtchen und nannten es "Blume der Liebe". Homer beschreibt das Hochzeitslager von Zeus und Hera als dicken weichen Veilchenteppich und im Iran gilt das Veilchen als Vorbote, als Liebesahnung, die der Rose, also der Erfüllung, vorausgeht.

In den Ländern rund ums Mittelmeer blüht Viola suavis, das Parmaveilchen, bereits von November bis März. Die gefüllten Blüten schweben auf längeren Stengeln als unser heimisches Duftveilchen, das Viola odorata. Das Parmaveilchen duftet noch intensiver, dafür ist die Blüte zarter in der Farbe: nicht veilchenblau sondern blass lila mit einer weißen Mitte. Das sonnenliebende Parmaveilchen gedeiht zwar auch bei uns. Allerdings braucht es einen geschützten Standort und unbedingten Winterschutz. Das erste Pflänzchen soll übrigens um 1850 ein französischer Soldat in einem Schnupftuch von Parma bis in seine Heimatstadt Toulouse getragen haben.

Die „Blütezeit“ des Veilchens

Die duftende Liebesgabe hat offenbar nicht nur die Angebetete des Soldaten überzeugt: La Violette de Toulouse wurde zur Wappenblume der Stadt – und zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. Ganze Betriebe lebten ausschließlich von der Kultivierung der Winterveilchen. Zu ihren besten Zeiten lieferten die Felder um Toulouse mehr als 600.000 Buketts nach Paris, und dank bereits bestehender Flugverbindungen auch nach London, Rabat, Russland und Kanada. Noch heute wird im Februar ein Fest zu Ehren des Veilchens gefeiert.

Seine „Blütezeit“ hatte der Veilchenanbau im 19. Jahrhundert:  Mit Veilchenpuder gefüllte Säckchen im Unterkleid, bestäubte Fächer, Handschuhe und Taschentücher gehörten im 19. Jahrhundert zu den schweren duftenden Geschützen. Als Sträußchen ans Ballkleid geheftet, ließen sie die aromatische Konkurrenz Kamelie und Orchidee weit hinter sich und beförderten das reizvolle Spiel von Bedrängen und Verduften.

Das Ende der Veilchenlust war dramatisch: Im Winter 1956 vernichtete ein Frosteinbruch mit sibirischer Kälte 20 Hektar Veilchenkultur. Die wenigen Pflanzen, die das überlebten, wurden von einem Virus dahingerafft. Und bevor sich der Bestand erholen konnte, gab es einen neuen Trend bei Winterblumen. Das Veilchen wurde einfach nicht mehr gesehen. Zumindest nicht mit den Augen der Liebe.

Es duftet und schmeckt!

Unser heimisches Duftveilchen Viola odorata hat all dies verkraftet und wächst munter, wo man es lässt, besonders im Halbschatten unter Sträuchern und Rosen. Dank ihrer Ausläufer bildet das immergrüne Veilchen Polster, es mag allerdings gern feuchte Luft. Und das ganz Besondere am Veilchen: es duftet und schmeckt!

Wer sich auf den Weg, macht am Waldrand selbst nach Veilchen zu suchen, kann gleich nebenan Waldmeister pflücken und das Bündel zu Hause kopfüber in eine Schüssel mit Weißwein hängen. Je nach Geschmack 10 bis 30 Minuten drin lassen, die Stängel bleiben aber draußen. Dazu kommen 2 Esslöffel Zucker, aufgelöst in wenig heißem Wasser. Am Ende wird das Ganze mit der gleichen Menge gut gekühltem Sekt aufgegossen. Kurioserweise schmeckt diese Maibowle noch intensiver, wenn das Pflanzenbündel über Nacht etwas antrocknen darf.

Wer zu viel von der Maibowle trinkt, sollte wiederum zum Veilchen greifen, die alten Römer nahmen es als Mittel gegen den Kater.
Vielseitig ist das kleine blaue Duftveilchen, und es ist wohl nur die Rose, die durch all die Zeiten noch mehr verehrt wurde als das Veilchen. Zahlreiche Gedichte und Kompositionen ranken sich um das Veilchen. Zuallererst soll das Veilchen an der Stelle gewachsen sein, wo der griechischen Mythologie nach der Sänger Orpheus seine Laute niedergelegt hatte – seitdem heißt das Veilchen Viola.