Vier Delegierte beenden Mitarbeit am Synodalen Weg

"Legen unser Mandat nieder"

Vier Delegierte für den katholischen Reformprozess Synodaler Weg beenden ihre Mitarbeit. Grund sei, dass sich die katholische Kirche in Deutschland zunehmend von der Weltkirche entferne, schreiben die vier Frauen in der "Welt".

Autor/in:
Leticia Witte
Unterlagen zum Synodalen Weg / © Julia Steinbrecht (KNA)
Unterlagen zum Synodalen Weg / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Katharina Westerhorstmann, Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Dorothea Schmidt und Marianne Schlosser schreiben am Mittwoch, sie seien seit 2019 Delegierte der Deutschen Bischofskonferenz gewesen. Das erklärte Ziel des Synodalen Weges sei die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch gewesen. "Im Zuge dessen wurden jedoch auch zentrale katholische Lehren und Überzeugungen in Zweifel gezogen. Diesen Weg, auf dem sich nach unserer Einschätzung die Kirche in Deutschland mehr und mehr von der Weltkirche entfernt, können wir nicht mehr mitgehen", heißt es in dem Beitrag.

Präsidium bedauert Entscheidung 

Die Frauen schreiben, sie hätten sich entschlossen, an der letzten Synodalversammlung vom 9. bis zum 11. März nicht mehr teilzunehmen und aus dem Synodalen Weg auszuscheiden. "Hiermit legen wir unser Mandat nieder."

"Das Präsidium des Synodalen Weges hat die Entscheidung mit Bedauern zur Kenntnis genommen", erklärten Britta Baas und Matthias Kopp als Sprecherin und Sprecher des Synodalen Weges auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Sie seien seit 2019 Delegierte der Deutschen Bischofskonferenz gewesen, so die vier Frauen. Das erklärte Ziel des Synodalen Weges sei die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch gewesen. "Im Zuge dessen wurden jedoch auch zentrale katholische Lehren und Überzeugungen in Zweifel gezogen. Diesen Weg, auf dem sich nach unserer Einschätzung die Kirche in Deutschland mehr und mehr von der Weltkirche entfernt, können wir nicht mehr mitgehen."

Interventionen und Klarstellungen ignoriert

Der Prozess habe "wiederholt Interventionen und Klarstellungen von Seiten vatikanischer Stellen und des Papstes" ignoriert. Eine weitere Mitwirkung würde bedeuten, "einen Kurs mitzutragen, der die Kirche in Deutschland offenkundig ins Abseits von der Universalkirche treibt. Das können und wollen wir nicht mitverantworten", heißt es.

Die Beschlüsse der vergangenen drei Jahre hätten wesentliche Grundlagen der katholischen Theologie, Anthropologie und der kirchlichen Praxis nicht nur infrage gestellt, sondern teils komplett neu definiert. "Dabei wurde nicht geklärt, was ein valides theologisches Argument sein kann", kritisieren die vier Delegierten. Ernsthafte Einwände zugunsten der aktuell geltenden kirchlichen Lehre hätten kaum Berücksichtigung gefunden.

Beklagt werden zudem "massiver (Zeit-)Druck" und dass bei der vorherigen Synodalversammlung die Ergebnisse einer namentlichen Stimmabgabe im Internet veröffentlicht worden seien.

Vatikanschreiben auch Auslöser 

Letzter Anlass, das Mandat niederzulegen, sei ein Schreiben aus dem Vatikan vom 16. Januar zur geplanten Einrichtung eines Synodalen Rates gewesen. In dem Gremium wollen Bischöfe und Laien nach dem Abschluss des Synodalen Weges im März gemeinsam ihre Gespräche über Reformen in der Kirche fortsetzen. Die vorbereitenden Arbeiten dazu soll ein Synodaler Ausschuss leisten.

In dem Vatikanschreiben heißt es, weder der Synodale Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine nationale Bischofskonferenz seien befugt, einen Synodalen Rat einzurichten. Ein solches Gremium beschneide die Autorität der Bischöfe. Deutsche Bischöfe seien zudem nicht zur Teilnahme an einem Synodalen Ausschuss verpflichtet.

Kritik an Umgang mit dem Schreiben

Dieses Schreiben sei den Mitgliedern der Synodalversammlung "bislang weder zugeleitet noch sonst irgendwie direkt zur Kenntnis gebracht" worden, so Westerhorstmann, Gerl-Falkovitz, Schmidt und Schlosser. "Dieser Einspruch aus Rom fand nicht einmal als Tagesordnungspunkt für die kommende Synodalversammlung Berücksichtigung." Eine "eindeutige Intervention" zu übergehen, sei kein Einzelfall.

Die Frauen betonen: "Wir sehen die Notwendigkeit einer tief greifenden Erneuerung der Kirche, die auch strukturelle Relevanz hat. Wir sind zugleich überzeugt, dass es eine Erneuerung, die den Namen verdient, nur in der Wahrung der kirchlichen Gemeinschaft über Raum und Zeit hinweg gibt - und nicht im Bruch mit ihr."

Reaktion vom BDKJ-Vorsitzenden

Der Bundesvorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Gregor Podschun, erklärte auf Twitter: "Der Ausstieg ist ein erneutes Mittel sich selbst als Opfer darzustellen. Es gibt von diesen Personen aber keine eigenen Ideen, wie die sexualisierte Gewalt verhindert werden kann. Gehorsam und Lehramtstreue werden als wichtigere Güter angesehen als Leid und Gewalt zu verhindern."

Kirchenkrise durch Missbrauchsskandal verschärft

Beim Synodalen Weg beraten die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland. Ausgangspunkt ist eine Kirchenkrise, die der Missbrauchsskandal verschärft hat. Schwerpunktthemen sind die Sexualmoral, die priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche.

Der Artikel wurde am 22.02.2023 um 15:33 Uhr aktualisiert. 

Theologen: Synodaler Weg muss tiefgehende Probleme mehr beachten

Aktuelle katholische Reformfragen müssen sich aus Sicht der Theologen Karl-Heinz Menke und Magnus Striet stärker auf grundlegende Probleme fokussieren. "Es geht um die Frage, welches Menschenrecht, welche Vorstellung von Freiheit darf im Raum der katholischen Kirche sein? Das ist der entscheidende Punkt", sagte Striet am Dienstagabend in der Universität Bonn bei einer Debatte zum Reformprozess der katholischen Kirche, dem Synodalen Weg. Es habe Gründe, dass der Vatikan die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen bis heute nicht unterzeichnet hat.

Befürworter des Synodalen Weges / © Elena Hong (DR)
Befürworter des Synodalen Weges / © Elena Hong ( DR )
Quelle:
KNA