Vielen Tafeln bleiben trotz wachsender Not die Lebensmittelspenden aus

Entspannung nicht in Sicht

Inflation, Krieg und etliche weitere Gründe führen dazu, dass immer mehr Menschen bei den Tafeln Hilfe suchen. Doch jede dritte Tafel kann keine neuen Kunden mehr aufnehmen. Auf die Gründe wie das dreitägige Bundestafeltreffen hin.

Eine Kundin in der Mainzer Tafel / © Sebastian Gollnow (dpa)
Eine Kundin in der Mainzer Tafel / © Sebastian Gollnow ( dpa )

Zu wenig Lebensmittel, zu viele Bedürftige - viele Tafeln in Deutschland kämpfen mit Problemen. "Die Folgen der Inflation und des Angriffskriegs auf die Ukraine haben die Zahl unserer Kundinnen und Kunden um durchschnittlich 50 Prozent steigen lassen", erklärte der Vorsitzende des Verbands Tafel Deutschland, Andreas Steppuhn, anlässlich des Bundestafeltreffens von Donnerstag bis Samstag in Hannover. 

Zugleich blieben die Lebensmittelspenden gleich oder gingen sogar zurück. Eine Entspannung der Lage sei nicht in Sicht. Laut Steppuhn kann noch immer fast jede dritte der bundesweit 970 Tafeln keine neuen Kunden aufnehmen. Viele hätten zeitlich befristete Aufnahmestopps verhängen oder Wartelisten einführen müssen. Zudem fehlten ehrenamtliche Helfer.

Tafel-Chef fordert "soziale Zeitenwende"

Steppuhn forderte von der neuen Bundesregierung eine "soziale Zeitenwende". Die Milliardeninvestitionen in Infrastruktur und
Verteidigung dürften nicht zulasten der Sozialpolitik gehen. Das Ausmaß von Armut in Deutschland sei vielen Menschen nach wie vor nicht bewusst: "Armut braucht weniger Scham, sondern stattdessen mehr Sichtbarkeit und Stimme, damit ihre Ursachen politisch bekämpft werden können."

Zu den Tafeln kommen bundesweit nach Angaben des Verbands regelmäßig rund 1,5 Millionen Menschen. Fast die Hälfte von ihnen (48 Prozent) bezieht Bürgergeld. Rund ein Drittel (30 Prozent) sind Kinder und Jugendliche. Knapp ein Fünftel (18 Prozent) sind Rentner. Ebenfalls 18 Prozent beziehen Asylleistungen.

"Lange Tafel" in Hannover

Zum Bundestafeltreffen kamen rund 1.000 Teilnehmer in die niedersächsische Landeshauptstadt. Zum Abschluss wurden bei einer"Langen Tafel" am Samstag auf dem Opernplatz kostenlose Mahlzeiten ausgegeben als öffentliches Zeichen der Solidarität. 

Bei einem sportlichen Fahhrad-Wettkampf unter dem Motto "32 Kilometer für 32Jahre Tafel-Bewegung" erradelten Besucherinnen und Besucher auf Fahrradsimulatoren eine Spende von 24 Tonnen Lebensmitteln für die Tafeln der Region Hannover.

Tafeln in Deutschland

Die bundesweit agierenden Tafeln haben sich in den vergangenen 20 Jahren zu einer der größten sozialen Bewegungen in Deutschland entwickelt. Waren es 2002 noch gut 300, gibt es heute bundesweit etwa 900 Tafeln mit rund 2.100 Tafel-Läden und Ausgabestellen. Bei ihnen engagieren sich circa 60.000 ehrenamtliche Mitarbeiter. Alle zusammen versorgen sie mehr als 1,5 Millionen Menschen mit Lebensmitteln, die sie als Spenden im Handel und bei Herstellern gesammelt haben.

Helfer sortieren  Salat bei der Lebensmittelausgabe in der Kirche Sankt Karl Borromäus in Köln / © Harald Oppitz (KNA)
Helfer sortieren Salat bei der Lebensmittelausgabe in der Kirche Sankt Karl Borromäus in Köln / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA