Viele Menschen wollen ihren Leichnam für die Forschung zur Verfügung stellen

Wenn der Körper gespendet wird

Viele Menschen in Nordrhein-Westfalen wollen ihren Körper nach ihrem Tod den Universitäten zu Lehr- und Forschungszwecken zur Verfügung stellen. An zahlreichen anatomischen Instituten übersteigen die Anfragen inzwischen bei weitem den tatsächlichen Bedarf. Die Gründe für eine solche Spende sind oft fehlende Verwandten und die Bestattungskosten. Die Kirchen haben grundsätzlich keine Einwände.

 (DR)

Täglich erreichen das Zentrum für Anatomie an der Kölner Universität Anrufe von Menschen, die nach ihrem Tod nicht einfach nur begraben werden wollen. Stattdessen wollen sie, dass ihr Körper noch einen Nutzen erfüllt: als Körperspende für Forschung und Lehre.

«Wir haben bereits in diesem Jahr keine neuen Körperspender mehr angenommen», erklärt die zuständige Mitarbeiterin des Zentrums für Anatomie der Universität Köln, Ruth Bertram. «Wir werden auch voraussichtlich die nächsten zwei bis drei Jahre keine neuen Anfragen mehr bearbeiten können.» In der Vergangenheit habe die Universität «sehr viele» Körper entgegengenommen, so dass der Bedarf nun erst einmal gedeckt sei.

Ganz praktische Gründe
Die Gründe für die vermehrte Spendenbereitschaft der Menschen sind vielfältig. Oft hätten die Spender keine Angehörigen oder wollten den Hinterbliebenen die Grabpflege ersparen, sagt Bertram. Die Abschaffung des Sterbegelds der Krankenkassen Ende 2003 sei für zahlreiche Menschen offenbar ein Anlass, ihren Körper zu spenden, berichten zahlreiche anatomische Institute. Denn in den meisten Fällen übernehmen die Universitäten die anschließenden Bestattungskosten.

Viele Menschen wollen durch ihre Körperspende aber auch der Wissenschaft sozusagen etwas zurückgeben, erklärt der Leiter des anatomischen Instituts in Münster, Markus Missler. Das Institut, das nach eigenen Angaben die größte Lagerungskapazität für Körperspenden in NRW hat, verzeichnet seit Jahren «viele Anfragen». Die Ausstellung «Körperwelten», die erstmals 1996 gezeigt wurde, habe für einen weiteren Anstieg gesorgt. «Es scheint, als wenn vielen Menschen erst dann bewusst geworden wäre, dass angehende Mediziner an echten Körpern lernen», sagt Missler.

In Düsseldorf werden seit Jahren Wartelisten geführt, denn die Anfragen übersteigen den tatsächlichen jährlichen Bedarf von rund 80 Körpern bei weitem, sagt die Sekretärin am Zentrum für Anatomie und Hirnforschung an der Universität Düsseldorf, Birthe Häser. Auch dem anatomischen Institut der Universität Aachen werden mehr als die 80 nötigen Spenden angeboten. Hier interessieren sich nach Angaben von Institutsmitarbeiterin Elke Broekmeulen vor allem Alleinstehende für die Spende.

Im Gegensatz zu anderen Standorten nimmt das anatomische Institut der Universität Bochum laut Professor Rolf Dermietzel derzeit noch neue Körperspendenanfragen an. Hier werden pro Jahr rund 40 Körper gebraucht.

Der geschäftsführende Arzt der Ärztekammer Nordrhein, Robert Schäfer, sieht in der gestiegenen Zahl der Körperspender ein «Zeichen des gewachsenen Vertrauens der Menschen in die Forschung.» Er betont, dass das Üben am menschlichen Körper während der Präparierkurse im Grundstudium ein «unverzichtbares Element der Ausbildung angehender Mediziner» sei. Nur so könnten wichtige Fähigkeiten für Eingriffe an lebenden Menschen geprobt werden.

Kirchen haben keine Einwände
Die christlichen Kirchen sehen in einer Organspende eine Möglichkeit,
über den Tod hinaus Nächstenliebe zu praktizieren; sie treten
zugleich für eine sorgfältige Prüfung der Organverpflanzung im Einzelfall
ein. «Wenn jemand die persönliche Entscheidung trifft, nach dem Tod seinen Körper der medizinischen Forschung zur Verfügung zu stellen, gibt es dagegen aus theologischen Gründen keine Bedenken», sagt Landeskirchenrätin Karin Moskon-Raschick der Evangelischen Kirche von Westfalen in Bielefeld.

Von katholischer Seite müssen dagegen einige Voraussetzungen erfüllt werden. «Wir haben keine ethischen Bedenken, vorausgesetzt, dass die Pietät gewahrt wird und dass für eine würdevolle Bestattung im Anschluss gesorgt ist,» erklärt die Sprecherin der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn, Heike Rumbach-Phome.