Videowettbewerb gegen Diskriminierung gestartet

Rechtsextreme raus aus dem Netz

"Einfach mal die Augen aufmachen", fordert Matthias Schweighöfer. Dem Thema Rechtsextremismus muss etwas entgegensetzt werden, findet der Schauspieler, der sich auf der Leinwand bereits in mehreren Rollen mit der NS-Diktatur und dem Rechtsextremismus beschäftigt hat. Jetzt will er ein Zeichen gegen Ausgrenzung und Diskriminierung setzen. Deshalb, sagt er, unterstützt er den Video-Wettbewerb "361 Grad Toleranz".

Autor/in:
Nicole Scharfschwerdt
 (DR)

Ins Leben gerufen haben die Aktion das Internet-Portal Youtube, die Kampagne «Laut gegen Nazis» und die Amadeu-Antonio-Stiftung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstützt den Wettbewerb als Schirmherrin. «Wir wollen mit der Aktion ein klares Zeichen gegen Rassismus und jegliche Art der Ausgrenzung auf Youtube setzen», sagt Stefan Tweraser, Country Director Deutschland des Youtube-Mutterkonzerns Google.

Ausgrenzung und Ausländerhass hat Schweighöfer, der in Chemnitz aufgewachsen ist, selbst erlebt. In den ersten Jahren nach der Wende sei der Osten «sehr lebhaft» gewesen, gerade die rechte Szene. Er erzählt davon, wie Neonazis vor dem Fenster «Russen gejagt» hätten. Es habe eine ständige Angst vor den Rechten geherrscht, sagt Schweighöfer. Auch er habe das erlebt.

In jüngster Zeit hätten Vorurteile gegenüber Ausländern eher wieder zugenommen, beobachtet Jörn Menge, Kampagnenleiter von «Laut gegen Nazis». «Nicht nur verschiedene Studien zeigen, dass Ressentiments und Vorurteile gegenüber bestimmten Mitmenschen wieder steigen, sondern auch unsere Erfahrungen bei der tagtäglichen Arbeit mit Jugendlichen», sagt Menge. Sowohl im Netz als auch in der realen Welt müsse daher etwas gegen Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus getan werden.

Dabei geht es nicht nur darum, Toleranz zu zeigen, sagt Anetta Kahane, die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung. Es gehe vielmehr darum, das Netz diskussionsfähig zu machen und den Neonazis etwas entgegenzusetzen. Rund 1800 deutschsprachige Neonazi-Seiten gebe es im Internet, außerdem etwa 50 Neonazi-Communities und einen eigenen Videokanal, rechnet Kahane vor. Von Anfang an hätten Neonazis und ihr Umfeld das Internet sehr offensiv genutzt, um ihr Gedankengut zu verbreiten. Nur 16 Prozent dieser Inhalte seien jedoch strafbar, sagt Kahane und spricht sich gegen Verbote und Zensur aus.

Auch Tweraser räumt ein, dass rechtsextreme Botschaften im Internet durchaus eine Gefahr darstellen. «Wir wollen hier auch gar nicht die Augen zumachen, sondern Verantwortung übernehmen, um damit auch einen Beitrag zu leisten, dass die Medienkompetenz der Jugendlichen gestärkt wird», sagt er und drückt seine Hoffnung aus, dass aus einer Aktion auf Youtube ein «breiter gesellschaftlicher Impuls» werden könne.

Schweighöfer glaubt an den Erfolg der Aktion. Mit seinem Engagement hofft er, auch Jugendliche zu erreichen, die sich mit dem Thema bislang nicht beschäftigt haben oder ihre Meinung sonst nicht äußern. Für den Schauspieler, der auch in der Jury sitzt, steht bei der Bewertung der Beiträge ausnahmsweise weniger die künstlerische Qualität im Vordergrund als vielmehr die Inhalte. Schweighöfer nimmt aber auch seine Branche in die Pflicht: Filme könnten etwa auch unter dem Aspekt gedreht werden, dass sie auch als Lehrmaterial in den Schulen eingesetzt werden können, schlägt Schweighöfer vor.

Bis zum 16. Oktober können Schüler ab 13 Jahren Videos bei Youtube hochladen, in denen sie sich mit Ausländerfeindlichkeit und Ausgrenzung auseinandersetzen. Doch die Initiatoren sind sich einig: Damit soll das Projekt nicht beendet sein. Ziel müsse sein, Youtube und das Internet unattraktiver für Neonazis zu machen, sagte Tweraser. Dafür brauche es mehr als eine zeitlich begrenzte Aktion.