Verwaltungsgericht lehnt Niqab in der Schule ab

Gesicht zeigen

Darf eine muslimische Schülerin im Unterricht einen Gesichtsschleier tragen? Nein - so urteilt jedenfalls aktuell das Verwaltungsgericht Osnabrück. Diskussionsstoff bleibt aber noch reichlich - auch unter den Mitschülern.

Autor/in:
Martina Schwager
Kein Unterricht mit Niqab / © Ali Haider (dpa)
Kein Unterricht mit Niqab / © Ali Haider ( dpa )

Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat den Antrag einer Muslimin abgelehnt, im Unterricht am Abendgymnasium einen Gesichtsschleier tragen zu dürfen. Gleichzeitig wurde der für Montagnachmittag anberaumte Termin zur Erörterung der Sachlage mit der Frau abgesagt. Sie habe sich angesichts des großen Medieninteresses geweigert, vor dem Gericht zu erscheinen, teilte das Gericht mit. Mit der Ablehnung ihres Antrags "auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes" hat das Gericht verfügt, dass die Antragstellerin auch weiterhin den Niqab in der Schule nicht tragen darf.

Keine persönliche Erörterung möglich

Das Gericht habe es für erforderlich gehalten, mit der Muslimin über ihren Antrag zu sprechen, um zwischen der von der Klägerin geltend gemachten Religionsfreiheit und dem staatlichen Bildungsauftrag zu entscheiden. Diese Möglichkeit der persönlichen Erörterung habe sie nicht genutzt, hieß es. Die schriftlichen Entscheidungsgründe würden in den nächsten Tagen vorgelegt.

Niqab mit Sehschlitz

Die Schule hatte die Frau zunächst im April aufgenommen. Zu Beginn des Schuljahres habe sich jedoch herausgestellt, dass sich die Muslimin aus religiösen Gründen verpflichtet sah, einen Niqab zu tragen. Dabei handelt es sich um einen Schleier, der lediglich einen kleinen Sehschlitz für die Augen offen lässt.

Die Frau habe sich zwar bereiterklärt ihre Identität durch Aufhebung der Verschleierung zu Unterrichtsbeginn vor einer weiblichen Beschäftigen der Schule offen zu legen. Sie wollte aber weiterhin verschleiert am Unterricht teilnehmen. Unter diesen Bedingungen habe sich die Schule nicht in der Lage gesehen, die Muslimin weiter zu unterrichten. Das Gericht hatte nach eigenen Angaben das persönliche Erscheinen der Klägerin angeordnet.

Mitschüler diskutieren über Verschleierung

Diskussionen gab es im Vorfeld des Gerichtstermins auch unter den Schüler des Osnabrücker Abendgymnasiums "Sophie Scholl". Diese teilten überwiegend die ablehnende Haltung ihrer Schulleitung zur Verschleierung. Das Thema sei Schulgespräch, sagen Linda Rosenthal (20) und Stephan Schlegel (25) dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Auch im Unterricht hätten sie darüber diskutiert, sagt die Zwölfklässlerin: "Ein Kopftuch ist hier voll okay. Aber so ein Schleier, der nur einen kleinen Schlitz für die Augen lässt, das ist ja wie eine Vermummung." Die Mehrheit der Schüler denke so, betonen Rosenthal und Schlegel. In den ersten Tagen nach den Sommerferien sei die Muslimin mit ihrem Niqab in der Schule gewesen: "Das ist unpersönlich. Man weiß ja gar nicht, mit wem man spricht," sagt Schlegel. Mit der Ausübung religiöser Praktiken müsse sich jeder auch den Gegebenheiten des Landes anpassen, indem er lebe, betont der Schüler der 13. Klasse.

Offene Kommunikation verlangt

Die Landesschulbehörde unterstützt die Auffassung der Schule. Das Tragen eines Gesichtsschleiers im Schulunterricht beeinträchtige in unzulässiger Weise den Bildungsauftrag einer Schule, heißt es in einer Stellungnahme. Eine offene Kommunikation sei Voraussetzung für die Erfüllung des schulischen Bildungsauftrags. Dieser beruhe nicht nur auf dem gesprochenen Wort, sondern auch auf nonverbalen Elementen und der Körpersprache. "Um eine solche Form der Kommunikation zu ermöglichen, ist es erforderlich, dass die Gesichter der Schülerinnen und Schüler erkennbar sind."

Das sehen die Schüler genauso. "Wie soll das denn bei Rollenspielen funktionieren, wenn wir die Mimik gar nicht sehen können?", fragt sich Rosenthal. Auch könnte sich unter dem Schleier durchaus auch mal jemand anders verbergen. "Das kann man ja gar nicht erkennen."

Schüler fürchten um Ruf

Auch die Schulbehörde argumentierte, die Schule müsse die Anwesenheitspflicht der Schüler überprüfen. Beim Tragen eines Niqabs im Unterricht wäre die eindeutige Identifikation jedoch nicht möglich. "Vor diesem Hintergrund ist eine Vollverschleierung durch das Tragen eines Niqabs in der Schule nicht zulässig."

Die Schüler fürchten nun, dass ihre Schule in ein schlechtes Licht gerückt werden könnte. "Dann heißt es nachher noch, wir sind rassistisch." Dabei seien sie im Gegenteil sehr weltoffen: "Wir sind für Religionsfreiheit, keine Frage", betonen beide übereinstimmend.


Quelle:
epd