Verhandlungen über staatliche Priesterrenten in Polen

Sparen auf Kosten der Missionare

Polen steht vor der größten Reform der Kirchenfinanzierung seit dem Ende des Kommunismus. Nach monatelangen teils heftigen Debatten wollen sich Regierung und katholische Bischofskonferenz am Donnerstag auf ein neues Modell einigen. Dann tagt die "Gemeinsame Kommission", ein seit 1989 bestehendes Beratungsgremium von Regierung und katholischer Kirche.

Autor/in:
Oliver Hinz
 (DR)

Es geht vor allem um vom Staat finanzierte Priesterrenten, aber auch um die für einige Geistliche kostenlose Invaliden-, Unfall- und Krankenversicherung. Sollte der rechtsliberale Ministerpräsident Donald Tusk diese Privilegien wie angekündigt streichen, werde das besonders die Missionsarbeit im Ausland treffen, warnen Bischöfe.



Ob beiden Seiten ein tragfähiger Kompromiss gelingt, ist offen. Die Chancen dafür sind gestiegen. Der für Kirchenfragen zuständige Minister für Staatsverwaltung, Michal Boni, betonte diese Woche:  "Wir haben der Kirche nicht den Krieg erklärt." Die Regierung wolle einen Kompromiss. Wie dieser aussehen könne, ist allerdings weiter unklar. Der Sprecher der Bischofskonferenz, Jozef Kloch, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstag, man erwarte einen gleichberechtigten Dialog. Es sei jedoch "schwer zu sagen", wie wahrscheinlich eine Einigung sei.



Bislang fließen aus dem Staatshaushalt jedes Jahr etwa 21 Millionen Euro in einen sogenannten Kirchenfonds. Aus diesem werden die Beiträge für die Renten-, Invaliden- und Unfallversicherung von 23.000 Geistlichen aller Konfessionen bezahlt. Die Krankenversicherungsbeiträge werden hingegen nur für 1.500 Priesteramtskandidaten beglichen. Mehr als die Hälfte aller Geistlichen - die alle ein eigenes Einkommen haben - erhalten schon heute keinen Zuschuss vom Staat.



Betroffen von der Abschaffung des Kirchenfonds wären in erster Linie kontemplative Ordensschwestern und im Ausland tätige Missionare. "Das wird auf Kosten der Gelder gehen, die wir bisher für Projekte in Missionsländern ausgeben", warnte der Leiter des polnischen Hilfswerks Ad Gentes, Jaroslaw Buchowiecki. Der Vorsitzende der Missionskommission der Bischofskonferenz, Bischof Jerzy Mazur von Elk, forderte die Regierung auf, die Sozialversicherungsbeiträge weiter zu finanzieren. Die Missionare seien "Botschafter Polens in der Welt", sagte er. Derzeit missionieren etwa 2.100 katholische Priester, Ordensfrauen und -Männer, davon rund 900 in Afrika und 800 in Süd- und Mittelamerika.



Die kommunistischen Machthaber hatten 1950 den Kirchenfonds als Entschädigung für die Verstaatlichung von Kirchenbesitz eingerichtet. Damals waren der katholischen Kirche nach eigenen Angaben etwa 155.000 Hektar Land genommen worden. Nach der politischen Wende 1989 erhielt sie jedoch nur 65.000 Hektar zurück. Die Bischofskonferenz argumentiert deshalb, der Staat ziehe noch heute großen Nutzen aus den zurückliegenden Enteignungen. Mehr als die Hälfte davon sei noch immer in öffentlicher Hand oder inzwischen mit Gewinn an neue Eigentümer verkauft. Bei dem Kirchenfonds handle es sich um eine Ausgleichsleistung und nicht um ein "Geschenk der Regierung", heißt es. Tusk hatte seinen Vorstoß damit begründet, alle Bürger müssten gleich behandelt werden. Keine Berufsgruppe dürfe mehr Privilegien genießen.



Mit am schärfsten attackierte der konservative Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynksi die Pläne. Die Regierung führe eine Kampagne gegen die Kirche, die an die schlimmsten Zeiten des Kommunismus unter Wladyslaw Gomulka erinnere. Dabei sei die Kirche immer Hüter der polnischen Nation gewesen. Die antiklerikale "Palikot-Bewegung" und die Sozialdemokraten wollen im Parlament hingegen ein Ende des Kirchenfonds durchsetzen. Angesichts ihres aktuellen Umfragetiefs setzen die regierenden Rechtsliberalen jedoch nicht auf einen Kollisionskurs mit den Katholiken. Schließlich sprachen sich in einer nicht repräsentativen Umfrage des polnischen Rundfunks 70 Prozent für die staatliche Unterstützung der Priesterrenten aus.