Erstmals legt der Heilige Stuhl den Vereinten Nationen einen Folterbericht vor. Zehn Menschenrechtsexperten des zuständigen UN-Komitees in Genf wollen sich am Montag und Dienstag damit befassen. Ihre abschließenden Beobachtungen werden am 23. Mai vorgestellt, wie das Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte
(OHCHR) am Freitag in Genf mitteilte. Im Rahmen der gleichen turnusmäßigen Überprüfung werden auch Litauen, Montenegro, Sierra Leone, Thailand, Uruguay und Zypern untersucht. Der Vatikan trat der UN-Antifolterkonvention 2002 bei.
Auf der Grundlage der Zehn Gebote
In seinem vorab eingereichten Bericht verweist der Heilige Stuhl auf den "bedingungslosen Respekt für das Leben" und die Verurteilung von Folter und erniedrigender Behandlung durch die katholische Lehre. Die Absage an eine Verletzung der "körperlichen und geistigen Unversehrtheit" auf Grundlage der Zehn Gebote sei Teil des Kirchenrechts wie auch päpstlicher Äußerungen. In Berichtszeitraum von 2002 bis 2009 habe der Vatikan weit über internationale 2.700 Medienbeiträge und Botschaften gegen Folter verbreitet.
Keine Todesstrafe, keine Folter
Zu Justiz und Strafvollzug in seinem 55 Hektar großen Staat erklärte der Vatikan, der Großteil der dort begangenen Verbrechen sei "geringfügiger Natur", so dass in der Regel alternative Strafen zur Inhaftierung angewandt würden. Sanktionen hätten "auch eine erzieherische und rehabilitierende Funktion". "Die Todesstrafe existiert nicht im Vatikanstaat", heißt es weiter. In keinem Fall habe die Auslieferung einer Person an einen anderen Staat zu Folter geführt.
Gesetzesverstöße würden allgemein mit Geldstrafen oder einem Zutrittsverbot geahndet. Demnach gebe es keine Probleme mit überfüllten Haftanstalten oder Gewalt unter Häftlingen. Neben den zwei bestehenden Zellen werde demnächst einer dritter Haftraum für die gleichzeitige Unterbringung eines Mannes, einer Frau und eines Kindes eingerichtet.
Kurse für die päpstliche Gendarmerie
Nach den Kirchenangaben befasste sich das Gericht des Vatikanstaats 2009 mit 474 Zivil- und 446 Strafsachen; verantwortlich für die Delikte waren in den meisten Fällen demnach nicht die 451 Bewohner des Vatikanstaats, sondern einzelne der 18 Millionen Pilger und Besucher.
Weiter betonte der Vatikan, die päpstliche Gendarmerie werde im Umgang mit Gefangenen durch italienische Strafvollzugsbehörden geschult. Zudem sehe die Ausbildung Kurse in internationalem Menschenrecht und der katholischen Lehre zur Menschenwürde vor.
23 Seiten Bericht
Ergänzend zu dem 23 Seiten umfassenden Bericht des Heiligen Stuhls haben mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen Stellungnahmen eingereicht, darunter der US-amerikanische Verband von Missbrauchsopfern SNAP und das "Child Rights Information Network" in London. Der Vatikan hatte bereits im Vorfeld seine Auffassung dargelegt, der Verpflichtungsbereich des Antifolterabkommens erstrecke sich ausschließlich auf den Bereich des Vatikanstaats.