Verbände starten breite Kampagne für neues Rentenmodell

"Vier Säulen für ein Halleluja"

Führende katholische Verbände haben eine Kampagne für eine grundlegende Rentenreform gestartet. Unter dem Titel "Vier Säulen für ein Halleluja" soll sie die rund 1,5 Millionen Verbandsmitglieder und die Öffentlichkeit in den kommenden Monaten für das Modell einer familiengerechten und solidarischen Alterssicherung motivieren, kündigten Spitzenvertreter der Verbände am Donnerstag in Berlin an. Dabei solle auch gezielt das Gespräch mit Kandidaten der anstehenden Wahlen gesucht werden.

 (DR)

Der Familienbund der Katholiken, die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), die Katholische Frauengemeinschaft (kfd), das Kolpingwerk und die Katholische Landvolkbewegung (KLB) werben bereits seit mehreren Jahren für die Rentenreform. Sie wollen mit einer leistungsbezogenen Sockelrente eine gerade für Familien und Frauen gerechtere Altersversorgung erreichen. Das Münchner Ifo-Institut für Wirtschaft bewertete das Konzept in einer Studie als «diskussionswürdige Alternative zum geltenden Recht», es sei finanzierbar und mit der Verfassung vereinbar.

Die Kampagne soll dazu beitragen, in den kommenden Monaten durch Plakataktionen, Internetangebote und das Engagement eigens geschulter Multiplikatoren die Verbände in der Breite stärker zu mobilisieren.

Das Konzept sieht eine dreistufige Alterssicherung vor und will alle Einkommensarten, also auch Beamte, Freiberufler, Abgeordnete oder Nichtberufstätige, sowie Geldvermögen einbeziehen. In der ersten Stufe, der «Sockelrente», soll jedem einkommenssteuerpflichtigen Einwohner unabhängig von Erwerbsarbeitszeiten eine Mindestsicherung von 410 Euro zukommen. In weiteren Stufen sollen eine Arbeitnehmer-Pflichtversicherung mit deutlich niedrigeren Beiträgen von Arbeitgebern und -nehmern als derzeit und eine umfassendere betriebliche Altersvorsorge die Absicherung ergänzen.

Die frühere Bundestagspräsidentin und Familienministerin Rita Süssmuth bezeichnete das Konzept vor Journalisten als neuen Generationenvertrag. Die Politik habe es in den vergangenen Jahren versäumt, das wichtige Thema Altersabsicherung zu regeln. Dabei müsse endlich der Begriff von Arbeit überdacht; die Leistungen jenseits der Erwerbsarbeit wie Pflege oder Erziehungsleistung müssten berücksichtigt werden. Die CDU-Politikerin nannte es vollkommen richtig, die Frage einer Rentenreform in der jetzigen wirtschaftlichen Krise verstärkt zu thematisieren.

Der Kolping-Bundesvorsitzende Thomas Dörflinger sagte, die Verbände wollten bewusst mit einem ungewöhnlichen Motto und «dem ein oder anderen flotten Spruch» ein anspruchsvolles Thema voranbringen. Es stelle einen Prüfstein für die mentale Verfassung der Gesellschaft dar, welche Wertschätzung Menschen erführen, die ihr Leben lang gearbeitet hätten. Familienbund-Präsidentin Elisabeth Bußmann betonte, das Versagen der Finanzmärkte zeige, wie wichtig und wertvoll ein solidarisch getragenes und umlagefinanziertes Rentensystem sei.

Der KAB-Bundesvorsitzende Heorg Hupfauer verwies darauf, dass das Modell bereits nach 25 Jahren statt derzeit 35 Jahren eine Rentenleistung über dem Sozialhilfesatz ermögliche. Es trage dazu bei, Armut im Alter zu verhindern. Maria Theresia Opladen, die Vorsitzende der kfd, kritisierte, bei der Diskussion um die Finanzierung der Sozialsysteme würden derzeit unterschiedliche Gruppen gegeneinander ausgespielt, alt gegen jung, arm gegen reich oder Familien gegen Kinderlose. Die KLB-Vorsitzende Hildegard Frey meinte, es gehe bei der Frage der Generationengerechtigkeit und Solidarität letztlich um das urchristliche Motiv des Teilens.