Vatikansitz am Rand der Altstadt in neuem Glanz

Fassaden für das neue Jerusalem

Jerusalem soll schöner werden. Ungeachtet aller politischen Spannungen und Querelen will die Stadtverwaltung zusammen mit dem Tourismusministerium die Kulisse der Heiligen Stadt optisch aufhellen. In einer großangelegten Kampagne sollen vor allem exponierte historische Gebäude ihren ursprünglichen Glanz zurückerhalten. Darunter auch der Vatikansitz.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Das vatikanische Notre Dame Center liegt direkt an der alten Demarkationslinie neben der arabischen Altstadt, auch das anschließende katholische Hospiz "Saint Louis" soll schöner werden. Nach Behandlung mit einem Sandstrahlgebläse hat der zuvor fast schwarze Jerusalem-Stein wieder seine helle Farbe zurückerhalten.

Mehrere Wochen lang - wegen der Staub- und Verkehrsbelästigung jeweils während der Nachtstunden - behandelte eine Spezialfirma die durch Schmutz und Autoabgase eingedunkelte Straßenfront. Die Prozedur ähnelt der, mit der zum Heiligen Jahr 2000 in Rom die Fassade des Petersdoms und die Bernini-Kolonnaden gesäubert wurden.

Der oberste Schmutzbelag wurde abgeblasen und eine Konservierungsschicht aufgetragen. Seit Wochenbeginn sind die Arbeiten abgeschlossen. Das festungsartige Vatikan-Zentrum, das mit seinen beiden zinnenbewehrten Türmen und der kolossalen Marienstatue die Silhouette Jerusalems mitbestimmt, ist wieder ansehnlich- auch wenn der Jerusalem-Stein hier nicht, wie oft besungen, "golden" erscheint, sondern einen leichten Stich ins Grau hat.

Der Tourismus boomt wie nie
Israel lässt sich die Verschönerungskur Einiges kosten. Allerdings boomt der Tourismus derzeit wie noch nie; da scheinen solche Investitionen gut angelegt. 2008 dürfte mit rund drei Millionen Besuchern ein Rekordjahr werden, und 2009 soll das Ergebnis nochmals getoppt werden.

Nach den dürren Jahren der Intifada und dem erneuten Einbruch 2006 durch den Libanon-Krieg kommen nun wieder harte Devisen ins Land. Von dem Boom profitieren auch die kirchlichen Gästehäuser - und damit zum Teil auch die vom Tourismus lebenden einheimischen Christen. Immerhin kommt etwa die Hälfte der Besucher aus biblischer Motivation, 20 Prozent als "Pilger".

Notre Dame - einzigartige Geschichte
Allerdings ist Notre Dame, das in den Jahren der Intifada mangels Gästen zeitweise schließen und sein Personal entlassen musste, nicht nur eine Top-Adresse für kirchliche Jerusalem-Besucher. Das massige Gebäude gegenüber dem Neutor der Altstadt hat eine einzigartige Geschichte. An der alten Demarkationslinie gelegen, aber auf israelischer Seite, war es stets auch Anlaufstelle und Tagungsort für offizielle wie vertrauliche Begegnungen über die Frontlinien des Nahost-Konflikts hinweg.

Im arabisch-israelischen Konflikt 1948 geriet das Gebäude in die Kampflinie. Der Südflügel des Gebäudes, das Assumptionisten-Patres Ende des 19. Jahrhunderts für französische Pilger errichteten, wurde durch zwei Bomben schwer beschädigt. Die Israelis nutzten ihn dann als Befestigung an der Grenze zum Niemandsland. Der nördliche Flügel wurde von Flüchtlingen besetzt, im Mittelteil wohnten weiter die Patres.

Diplomatischer Coup
In einer recht unübersichtlichen Aktion verkauften diese Ende das Gebäude der 1960er Jahre an den jüdischen Nationalfonds, der es als Wohnheim für Studenten der Hebräischen Universität nutzen wollte.

Mit einem diplomatischen Coup erwarb der Vatikan es jedoch zurück, um es als internationales Zentrum des Heiligen Stuhls für Pilger aus aller Welt und als Kultur- und Begegnungsstätte auszubauen - zunächst unter Leitung des deutschen Prälaten Richard Mathes und seit 2004 von den Legionären Christi, wurde das "Päpstliche Institut" auch zur führenden christlichen Konferenz-Adresse in Jerusalem. Hier finden etwa die vatikanisch-israelischen Gespräche statt - künftig in einer noch ansehnlicheren Umgebung.