Vatikan wartet auf baldige Antwort der Piusbrüder

Neue Runde

Der Einigungsprozess von Vatikan und Piusbrüdern tritt in eine neue Runde. Die Glaubenskongregation hat die Antwort des Traditionalisten-Oberen Bernard Fellay überprüft, dem Papst zur Entscheidung vorgelegt und mit Anmerkungen dem Absender am Mittwochabend zurückgegeben. Dieser muss nun prüfen, ob er mit den Änderungen und Auflagen einverstanden ist.

 (DR)

Geschehen dürfte das beim nächsten Generalkapitel der Bruderschaft Anfang Juli. Der Vatikan, so Sprecher Federico Lombardi, rechne mit einer Antwort im Laufe des gleichen Monats. Während der formelle Ablauf der kirchlichen Einigungsbemühungen publik ist, gibt es um Inhalte und Perspektiven bislang nur Rätselraten. Die "Lehrmäßige Präambel", die der Vatikan den Piusbrüdern am 14. September 2011 zum Abschluss eineinhalbjähriger Expertengespräche zur Unterschrift übergab, ist weiterhin geheim.



Nach Angaben des Vatikan enthält sie zentrale katholische Glaubenssätze und einige "Lehrprinzipien und Interpretationskriterien, die notwendig sind, um die Treue zum Lehramt der Kirche und das "Fühlen mit der Kirche" zu garantieren".



Zu diesem Lehramt gehöre "das gesamte Zweite Vatikanische Konzil", versichert man im Vatikan beharrlich. Dies umso mehr, als manche Medien und Theologen spekulieren, Benedikt XVI. könne um der ersehnten Einigung willen den Traditionalisten Zugeständnisse machen und die Anforderungen herunterschrauben. Einen "Rabatt in Glaubenspositionen" werde es unter diesem Papst nicht geben, beteuerten Kurienmitarbeiter.



Ausgedehnte Bedenkzeiten

Darum aber dreht sich derzeit manches in den direkten oder indirekten Kontakten zwischen Vatikan und Piusbrüdern. Das erklärt auch die ausgedehnten Bedenkzeiten. Die beiden ersten Antworten auf die "Präambel" vom vergangenen Herbst und Winter schienen dem Vatikan ungenügend. Sie enthielten offenbar kein klares Ja oder Nein, wiederholten nur Aussagen früherer Konzilien zur Tradition und setzen sich zu wenig mit dem vorgelegten Text selbst auseinander. Der zwischenzeitliche Vorschlag der Piusbrüder, die Positionen des Zweiten Vatikanums so weit zu akzeptieren, wie sie mit früheren Lehrmeinungen übereinstimmten, bezeichneten Vatikanmitarbeiter als inakzeptabel.



Die dritte Antwort Fellays von Mitte April - der Vatikan hatte inzwischen ein Ultimatum gestellt - wurde im Vatikan dann als "positiv" bezeichnet. Die Glaubenskongregation setzte den Text auf die Tagesordnung ihrer Kardinalsversammlung am 16. Mai. Dabei wurde entschieden, die drei 1988 zusammen mit Fellay illegal geweihten Bischöfe aus dem Verfahren auszukoppeln. Daraus leiteten Beobachter gute Chancen für eine Einigung ab. Denn die drei anderen, unter ihnen der Holocaustleugner Richard Williamson, hatten eine Übereinkunft mit Rom kategorisch ausgeschlossen.



Unterschiedliche Signale

Ob mit Fellay nun eine Einigung zustande kommt, ist offen. Von ihm kommen unterschiedliche Signale. Nach Zustimmung und Einigungsbereitschaft irritierte er unlängst mit der Aussage, Rom verlange von den Piusbrüdern gar nicht mehr die Annahme des vollständigen Lehramtes der Kirche. Zudem tauchten Zitate von ihm auf, in denen er von "Irrtümern des Konzils" sprach. Wenn das Treffen am Mittwoch laut Vatikan die "Möglichkeit für Erklärungen und Präzisierungen" bot, waren vermutliche solche Äußerungen gemeint. Ob Fellay darauf eine überzeugende Antwort geben konnte, ist unbekannt.



So scheint im Moment unklar, ob der Einigungsprozess nun tatsächlich in die letzte Runde geht und es noch vor der Sommerpause zu der erhofften Kircheneinheit mit den "Abweichlern". Der Ball, so Vatikansprecher Lombardi, liegt jetzt "im Feld der Bruderschaft".



Vielleicht erleichtert auch die kleine Geste von Glaubenspräfekt William Levada den Piusbrüdern die Entscheidung. Er übergab Fellay den Entwurf eines Dokuments, in dem er für die Bruderschaft den Rang einer katholischen Personalprälatur empfiehlt, ähnlich dem Opus Dei. Voraussetzung bleibt freilich, dass die Traditionalisten die Präambel akzeptieren.