Vatikan schafft neue Struktur für übertrittswillige Anglikaner

Priester trotz Ehe

Der Vatikan will Anglikanern den Übertritt zur katholischen Kirche erleichtern. Laut Vatikan werde Papst Benedikt XVI. demnächst Personal-Ordinariate für anglikanische Priester und Gläubige einrichten, die ihre Liturgie und ihr geistiges Erbe beibehalten und zugleich in volle und sichtbare Gemeinschaft mit der katholischen Kirche eintreten wollten. Die Anglikaner begrüßen den Schritt.

 (DR)

Der Heilige Stuhl reagiere damit auf zahlreiche Gesuche von Gruppen anglikanischer Priester und Laien aus verschiedenen Teilen der Welt, so der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, am Dienstag im Vatikan. Der Text der Apostolischen Konstitution soll in den kommenden Wochen veröffentlicht werden, so Levada. Die neue Maßnahme stehe in Einklang mit dem ökumenischen Dialog, der weiterhin eine Priorität für die katholische Kirche bleibe, heißt es in einer gleichzeitig veröffentlichten Vatikan-Erklärung.

Britischen Medienberichten zufolge könnte die erste Gruppe, die von den neuen Richtlinien profitieren könnte, die sogenannte Traditional Anglican Community (TAC) sein. Sie hatte sich 1991 von der übrigen anglikanischen Weltgemeinschaft getrennt und zählt nach Angaben der Tageszeitung "The Guardian" (Online) rund 500.000 Mitglieder weltweit.

Priesterweihe auch für verheiratete, früher anglikanische Geistliche
Die neue Rechtsform des Personal-Ordinariats - eine Art "abgespeckter" Diözese, vergleichbar dem Militär-Ordinariat - sieht die katholische Priesterweihe auch für verheiratete, früher anglikanische Geistliche vor. Zu Bischöfen könnten jedoch aufgrund der christlichen Tradition nur unverheiratete Geistliche bestimmt werden.

An der Spitze eines Personal-Ordinariats soll demnach ein "Personal-Ordinarius" im Rang eines Priesters oder eines
(unverheirateten) Bischofs stehen. Deren Seminaristen sollten zusammen mit den übrigen katholischen Priesteramtsanwärtern ausgebildet werden; jedoch sollten sie eine besondere Ausbildung in anglikanischer Tradition erhalten.

Die neuen Ordinariate sollen in Abstimmung mit den lokalen Bischofskonferenzen je nach Bedarfslage errichtet werden, erläuterte Levada bei der Pressekonferenz. Die neue Initiative gehe auf einen vielfachen Wunsch von anglikanischen Gläubigen zurück, die den katholischen Glauben, den Katechismus der katholischen Kirche und das Papstamt anerkennen wollten. Papst Benedikt XVI. hoffe, dass diese übertrittswilligen anglikanischen Priester und Gläubigen in der neuen Struktur eine Möglichkeit finden, ihre anglikanischen Traditionen in Einklang mit dem katholischen Glauben zu bewahren, so der Kardinal-Präfekt.

Anglikaner-Primas: Vatikan nimmt notwendige Klärung vor
Der anglikanische Primas von England, Erzbischof Rowan Williams von Canterbury, wertet die vatikanische Ankündigung, Anglikanern die Aufnahme in die katholische Kirche zu erleichtern, als notwendige Klärung. Sie sei Ausdruck einer großen Übereinstimmung zwischen katholischer Kirche und anglikanischer Tradition, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten gemeinsamen Stellungnahme mit dem katholischen Erzbischof von Westminster, Vincent Gerard Nichols.

Die in Aussicht gestellte Konstitution des Heiligen Stuhls beende eine «Zeit der Ungewissheit» für jene Gruppen, die auf eine Einheit mit der katholischen Kirche hofften, schreiben die beiden ranghöchsten Würdenträger ihrer Kirchen in England. Zugleich heben sie hervor, dass ein solcher Schritt ohne den fortwährenden Dialog zwischen katholischer Kirche und Anglikanern in den vergangenen 40 Jahren nicht möglich gewesen wäre. Nun müssten die Anglikaner, die sich zuvor an den Heiligen Stuhl gewandt hätten, auf den Schritt des Vatikan antworten.

Die offziellen Gespräche zwischen der katholischen Kirche und der anglikanischen Gemeinschaft böten die Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit, so Williams und Nichols. Der Weg sei durch die Vereinbarungen der internationalen anglikanisch-römisch-katholischen Kommission (ARCIC) und der internationalen anglikanisch-römisch-katholischen Kommission für Einheit und Mission (IARCCUM) vorbereitet worden.

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